"Man spürt hier die Furcht vor einem Umbruch"

Von (baum)   06.Oktober 2017

Gespannt blickt man in Spanien dem kommenden Montag entgegen. "Die katalanische Regierung will die Unabhängigkeit verkünden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das ohne der Zustimmung von Madrid verwirklichen kann", erzählt Johannes Burgstaller. Der gebürtige Frankenburger lebt seit neun Jahren in Barcelona. Seine Wahlheimat ist in Aufruhr.

Die Lage ist angespannt

"Auf der Straße, im Supermarkt oder in der Metro kennt man den Leuten die Anspannung an. Jeden Abend gehen die Befürworter der Unabhängigkeit mit Kochtöpfen zum Fenster und schlagen mit Löffeln auf die Töpfe, um Lärm zu erzeugen", sagt der 29-Jährige.

Das Leben hier hat sich verändert. Man spürt die Furcht vor einem Umbruch. "Die Supermärkte sind im Moment immer gut besucht. Ich denke, dass die Leute Angst haben, dass Madrid die Lebensmittellieferungen stoppt. Darum kaufen viele Vorräte", sagt Burgstaller. Das Streben nach Unabhängigkeit spaltet die Bevölkerung.

"Einige meiner katalanischen Freunde sind für die Abspaltung von Spanien. Aber auch sie fragen sich, zu welchem Preis. Niemand will, dass hier wieder ein Bürgerkrieg ausbricht", erklärt der selbstständige Kameramann.

Erst vor zwei Tagen haben sich vor seinem Haus Befürworter mit Gegnern geprügelt. Gewalt gehört mittlerweile zum Alltag. Die spanische Polizei ging während der Abstimmung äußert brutal gegen die katalanischen Separatisten vor. "Viele kamen nicht einmal bis zu den Wahllokalen vor. Außerdem hat die Polizei Wahllokale geschlossen und Wahlurnen konfisziert."

Bei den Einheimischen gehen Gerüchte um, dass Madrid für den Ernstfall bereits Züge mit Panzern nach Barcelona schickt. "Ich glaube, im Moment ist hier alles möglich", meint Burgstaller.