Madrid fordert Neuwahlen in Katalonien

07.Oktober 2017

Langsam kommt Bewegung in den festgefahrenen Streit zwischen Spaniens Zentralregierung und der separatistischen Regionalregierung in Katalonien: Zur Beilegung der Krise hat Madrid gestern gefordert, Neuwahlen in Katalonien anzusetzen. Regierungssprecher Inigo Mendez de Vigo sagte: "Es wäre gut, damit zu beginnen, diese Wunde zu schließen."

Nach Einschätzung des spanischen Politologen Ignacio Sotelo könnte ein Urnengang die katalanische Regionalregierung dazu veranlassen, die für Dienstag erwartete Unabhängigkeitserklärung möglicherweise aufzuschieben.

Zugleich stimmte Madrid gestern versöhnliche Töne an: So entschuldigte sich ein hochrangiger Regierungsvertreter für die hunderten Verletzten durch Polizeigewalt beim Unabhängigkeitsreferendum am vergangenen Sonntag. Enric Millo, der Vertreter der spanischen Zentralregierung für Katalonien, sagte im katalanischen TV-Sender "TV3", er "bedauere" die Verletzungen und bitte im Namen der Polizisten um Entschuldigung.

Schweiz bietet Vermittlung an

Der Schweizer Sender RTS berichtete gestern zudem, dass sich das eidgenössische Außenministerium als Vermittler angeboten habe. Das Außenamt sei demnach bereit, eine Plattform für den Dialog zwischen den Parteien einzurichten. Die Schweiz sei in Kontakt mit Vertretern der spanischen und katalonischen Seite, bestätigte Tilman Renz, der Sprecher des Schweizer Außenministeriums. "Aber eine Vermittlung ist nur möglich, wenn beide Parteien dies verlangen."

In Madrid begann unterdessen die Anhörung des Chefs der katalanischen Polizei. Josep Lluis Trapero musste vor dem Staatsgerichtshof zu den Vorwürfen Stellung nehmen, dass die katalanische Polizei die Guardia Civil und die Nationalpolizei bei Einsätzen gegen Separatisten am 20. und 21. September nicht unterstützt habe.

Massenprotest geplant

Kataloniens Unabhängigkeitsgegner wollen morgen, Sonntag, bei einem Massenprotest zeigen, dass sehr viele Katalanen gegen den von der Regionalregierung eingeleiteten Abspaltungsprozess sind.

"Es dürfte die größte Demonstration werden, die es je in Katalonien gegen die Unabhängigkeit gegeben hat", sagte Mariano Goma, Chef der Bürgerbewegung Societat Civil Catalana (SCC). Neben der SCC riefen auch andere antiseparatistische Bürgerbewegungen, die konservative Volkspartei, die liberalen Ciudadanos und der Unternehmerverband EC zur Demo auf.

 

Was kommt nach Tag X?

Hartes Vorgehen: Was passiert nach einer Unabhängigkeitserklärung? In Madrid geht man davon aus, dass Premier Mariano Rajoy nur ein hartes Vorgehen bleibe. Das könnte unter anderem beinhalten:

Festnahme: Denkbar ist die Verhaftung der katalanischen Polit-Spitzen, allen voran Regierungschef Carles Puigdemont.

Artikel 155: Rajoy könnte auch erstmals den Artikel 155 der Verfassung anwenden. Dieser besagt, dass Madrid einer Region die Autonomie aberkennen kann, wenn diese der Verfassung oder anderen Gesetzen nicht Folge leistet. Die Zentralregierung würde dann in Katalonien die Kontrolle übernehmen.

Militäreinsatz: Theoretisch möglich wäre auch ein in Artikel 8 vorgesehenes militärisches Eingreifen, da die spanische Armee auch für die Garantie der territorialen Integrität nach innen zuständig ist. Dies gilt aber als äußerst unwahrscheinlich.