Katalonien auf dem Sprung zur Unabhängigkeit

Von OÖN   05.Oktober 2017

Es ist keine Frage mehr, dass die Region Katalonien einseitig ihre Abspaltung von Spanien erklären wird. Es ist eigentlich nur noch eine Frage des Zeitpunktes. Vermutlich wird das Regionalparlament in Barcelona am kommenden Montag zusammentreten, um die Unabhängigkeit vom Zentralstaat auszurufen. Darauf haben sich die Koalitionsparteien der separatistischen Regierung offenbar verständigt, berichteten spanische Medien gestern.

Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont betonte in einem BBC-Interview seine Entschlossenheit: "Keine Gesellschaft sollte einen Zustand akzeptieren, den sie nicht will." Wenn es eine Mehrheit für eine Unabhängigkeit gebe, dann müsse es darauf auch eine politische Antwort geben, sagte der 54 Jahre alte Unabhängigkeitsbefürworter.

Zugleich betonte Puigdemont, er habe den Dialog mit der Regierung in Madrid gesucht: "Mein Anruf am Montag, mit dem ich jemanden um Vermittlung bitten wollte, ist auf keine Erwiderung gestoßen. Überhaupt keine." Und zum Argument der Regierung in Madrid, das Referendum sei verfassungswidrig gewesen, sagte er: "Es gibt Leute, die die Verfassung wie die Bibel interpretieren, die die absolute Wahrheit beinhaltet und wichtiger ist als der Wille des Volkes."

Puigdemont verurteilte zugleich die Gewalt, mit der die spanische Polizei am Sonntag gegen die verfassungswidrige Abstimmung vorgegangen sei. Rund 900 Menschen wurden nach katalanischen Angaben verletzt. "Solch einen unverhältnismäßigen und brutalen Gebrauch von Gewalt haben wir seit dem Tod von Diktator Franco nicht mehr gesehen", sagte er. In einem Interview sagte er, Spanien handle wie ein "autoritärer Staat".

Francisco Franco war nach dem Bürgerkrieg (1936–1939) bis zu seinem Tod 1975 Diktator in Spanien. Während seiner Zeit wurde der Gebrauch der katalanischen Sprache in der Öffentlichkeit verboten. Politische Gegner ließ er gnadenlos verfolgen.

Madrid: "Alle Mittel einsetzen"

Der spanische Justizminister Rafael Catalá hat für den Fall einer Unabhängigkeitserklärung vor Konsequenzen gewarnt. Die Zentralregierung in Madrid werde "alle zur Verfügung stehenden Mittel" einsetzen, um zu garantieren, dass die Gesetze befolgt würden.

Catalá wies vor Journalisten darauf hin, dass alle vom Regionalparlament verabschiedeten Gesetze, die als rechtliche Grundlage für die Abspaltung dienen sollten, vom Verfassungsgericht als illegal außer Kraft gesetzt worden seien. "Eine Minderheit will diesen Quatsch aber dennoch durchsetzen", sagte er.

Kritik an König Felipe

Kritik gab es gestern an König Felipe. Der Monarch hatte sich in seiner mit Spannung erwarteten Rede am Dienstagabend klar hinter die Zentralregierung gestellt. Das Vorgehen der katalanischen Regierung bezeichnete er als "unverantwortlich". Daher trug seine Ansprache nicht zur Entspannung bei.