Gab der Thronfolger den Befehl, Regimekritiker zu töten?

Von Thomas Spang aus Washington   12.Oktober 2018

Donald Trump druckst auf die Frage herum, welche Konsequenzen der Fall Jamal Khashoggi für das Verhältnis zu dem saudischen Königreich haben werde. "Ich müsste erst einmal herausfinden, was da passierte", sagte der Präsident in seinem Haussender FOX. Seine Experten und die der Türkei ermittelten und würden zu einem Ergebnis kommen. Für Rückschlüsse sei es "noch zu früh".

Trump meinte, es sei eine "sehr, sehr bittere Pille", von den USA zu verlangen, den milliardenschweren Waffenhandel mit Saudi-Arabien deswegen in Frage zu stellen. "Damit schadeten wir uns bloß selber." Doch genau das könnte nach Ansicht von Experten eine Konsequenz der Khashoggi-Affäre sein, die den 33-jährigen Thronfolger Mohamed bin Salman, der auch unter dem Kürzel "MBS" firmiert, schwer belastet.

Die Washington Post berichtet unter Berufung auf Informationen der amerikanischen Geheimdienste, der Kronprinz höchstpersönlich habe den Auftrag zu einer verdeckten Kommando-Aktion gegen den Kolumnisten des Blatts und Regimekritiker erteilt.

Khashoggi-Affäre: Gab der Thronfolger den Befehl, Regimekritiker zu töten?
Kronprinz Mohamed bin Salman

Kronprinz Mohamed bin Salman

Khashoggi, der in einem Vorort Washingtons im Exil lebt, war am 2. Oktober beim Besuch des saudischen Konsulats in Istanbul verschwunden. Mitschnitte der Sicherheitskameras zeigen, wie der Journalist in das Gebäude ging, um Dokumente für seine Hochzeit am nächsten Tag abzuholen. Seine Verlobte wartete bis in die Nacht, bevor sie Khashoggi als vermisst meldete. Die türkischen Geheimdienste behaupten seither, sie hätten Beweise, dass Khashoggi ermordet und zerstückelt worden sei.

Die saudische Regierung weist diese Vorwürfe als haltlos zurück. Khashoggi habe seine Papiere bekommen und die Botschaft verlassen. Was danach passiert sei, könne man nicht sagen.

Diese Darstellung stimmt aber nicht mit den Befunden der türkischen und amerikanischen Geheimdienste überein. Wie ernst die Angelegenheit ist, lässt sich daran ablesen, dass der amerikanische Sicherheitsberater John Bolton und der für den Mittleren Osten zuständige Schwiegersohn des Präsidenten, Jarred Kushner, am Mittwoch mit MBS telefonierten. Auch Außenminister Mike Pompeo rief bei dem Thronfolger an.

Todesstoß für Hoffnungen

Der Nahost-Experte Elliott Abrams, der kürzlich noch zu den Unterstützern Mohamed bin Salmans gehörte, nennt die Mordvorwürfe "einen Todesstoß" für "alle Hoffnungen und Erwartungen", die in den Kronprinz gesetzt worden seien.

Senator Lindsey Graham, einer der engsten Verbündeten Trumps auf dem Kapitolhügel, sagte einen "politischen Tsunami" im Kongress voraus, falls sich die Vorwürfe gegen die Saudis in der "Khashoggi-Affäre" erhärteten. "Das dürfte die Beziehungen zwischen beiden Ländern grundlegend verändern."