Auf Zickzackkurs im Kampf um die Macht in Kiew
KIEW. Georgiens Ex-Präsident Saakaschwili versucht verzweifelt, in der Ukraine einen Aufstand anzuzetteln.
Am Wochenende geriet Micheil Saakaschwili in Kiew mit dem Polizeioffizier German Pristupa aneinander. Der ukrainische Oppositionspolitiker beschimpfte ihn lautstark als "stinkbesoffenen Bullen aus Donezk" und als "verbrecherisches Gesicht des verbrecherischen Regimes". Saakaschwili ist ein Meister der politischen Improvisation, auch beim Skizzieren neuer Feindbilder: Pristupa hatte allerdings tapfer die ukrainische Flagge verteidigt, er ist einer, der auch bei vielen Oppositionellen Ansehen genießt.
Die Brüskierung Pristupas ist nicht der einzige Fehler Saakaschwilis in den vergangenen Tagen. Am Sonntag dementierte der georgische Ex-Präsident, er habe einen Brief an Staatschef Petro Poroschenko geschrieben, in dem er diesem den Abbruch seiner Protestaktionen anbot, danach versuchten mehrere Tausend seiner Anhänger einen Kulturpalast in Kiew zu stürmen. Gestern gestand er doch, er habe seinem Widersacher geschrieben, aber als "Sieger, der weiß, dass er im Recht ist".
"Ich brauche Siege"
Saakaschwili wechselt zwischen gemäßigten Tönen und Trotz hin und her. In den vergangenen Wochen zwei Mal verhaftet und zwei Mal freigelassen, brachte er wiederholt Tausende Kiewer auf die Straße. Aber weder Masse noch Stimmung seiner Anhänger reichen für einen ernsthaften Aufstand.
In einem Interview gestand der Führer der "Bewegung der neuen Kräfte", er bräuchte Siege. "Ich wünschte, die ukrainischen Behörden, würden etwas gegen mich unternehmen, weil das unseren Sieg beschleunigte." Schon heißt es auch in Oppositionskreisen, Saakaschwili sei der Verzweiflung nahe. Saakaschwili gehört zur zweiten Generation postsowjetischer Politiker, wie Poroschenko, wie Putin, wie der ukrainische Ex-Präsident Juschtschenko oder Exregierungschefin Julia Timoschenko. Sie wurden von mächtigen Gönnern in hohe Posten gehievt, machten dann oft Front gegen diese Gönner, traten als Demokraten an und rutschten, einmal an der Macht, meist in Richtung Autokratie ab.
Aber Saakaschwili toppt sie alle an Reformeifer, Beweglichkeit und Egozentrik. "Er liebt nur die Macht", sagt der georgische Politologe Gulaschwili. Saakaschwili attackiert jetzt Poroschenko genauso undankbar wie einst den georgischen Präsidenten Schewardnadse, singt die ukrainische Hymne so inbrünstig wie einst die georgische, der einzige internationale Populist der Ex-Sowjetunion.
Aber Saakaschwili toppt sie alle
ist slang.