"Ich war zu schwach, um mich zu freuen"

02.Mai 2015

Nicht viele Menschen wissen von den kleinen Details des täglichen Lebens und Sterbens in diesem Lager und darüber, wie sich Menschen unter solchen Bedingungen benehmen. Es sind nicht mehr viele von uns übrig, um davon zu erzählen", sagt Rajmund Pajer über Mauthausen. Er war mit 14 Jahren noch ein halbes Kind, als er im Frühling 1944 in einem Viehwaggon von Laibach in das KZ Mauthausen deportiert wurde. Pajer ist einer der wenigen, die noch von damals erzählen können.

Der Mauthausen-Überlebende wurde 1930 in Triest geboren. Der Hunger trieb ihn im Jänner 1944 in Richtung seines Onkels nach Istrien. Auf dem Weg dorthin wurde Pajer von Partisanen zwangsrekrutiert, fiel später den Deutschen in die Hände und geriet auf diese Weise in das mörderische Zwangslager-System der Nationalsozialisten. In Mauthausen erlebte Pajer mit, wie man Menschen erniedrigte, verstümmelte und ermordete. Ob er sich je gefragt hat, warum ausgerechnet er dieses Leid erdulden musste? "Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort", antwortet der Zeitzeuge im Gespräch mit den OÖNachrichten fast lapidar. Die Vorstellung einer Häftlingsgemeinschaft, die gegen die SS zusammensteht, zertrümmert der Zeitzeuge. "Im Lager war jeder für sich, nur die Spanier hielten fest zusammen. Ich hatte das Glück, dass drei Spanier meine Freunde wurden und mich, so gut es ging, beschützten."

Nach entbehrungsreichen Aufenthalten in zwei Nebenlagern kam der KZ-Häftling mit der Nummer 69186 nach Mauthausen zurück. Er war völlig entkräftet. "Die Befreiung erlebte ich wie eine Art Zombie. Ich war sogar zu schwach, um mich zu freuen." Pajer litt an Typhus, musste mehrere Wochen lang in einem Lazarett der Amerikaner behandelt werden. Danach traf der junge Mann unter anderem seine Mutter und Geschwister wieder. Der Vater hatte den Nazi-Terror im KZ Dachau nicht überlebt.

Pajer emigrierte nach Kanada und wurde Flugzeugmechaniker. Noch heute liegt es ihm fern, Nahrungsmittel wegzuwerfen, hin und wieder kommt ihm der Geruch der Leichenberge von Mauthausen unter. Von einer zerstörten Jugend will der Überlebende dennoch nichts hören. "Im Gegenteil. Ich bin charakterlich gefestigt aus Mauthausen herausgekommen." War es hart, 1959 zum ersten Mal nach Mauthausen zurückzukehren? "Nein, ich fühlte mich wie ein siegreicher Held."

Der 85-Jährige lebt heute mit seiner Frau in Montreal. Er hat zwei Kinder und vier Enkelkinder.