Als die US-Panzer über den Linzer Hitler-Platz rollten

Von Markus Staudinger   05.Mai 2015

Am Ende ging es schnell: Keine zwei Wochen war es her, da hatten US-Bomber am 25. April die Landeshauptstadt noch schwer unter Beschuss genommen, 360 Menschen kamen ums Leben.

Schon am Mittag des 5. Mai 1945 aber rollten US-amerikanische Panzer über den Linzer Hauptplatz, damals Adolf-Hitler-Platz. Die Landeshauptstadt war gefallen – weitgehend kampflos, glücklicherweise. „Washington officer takes Linz without shot – Linz ohne Schuss eingenommen“ kabelte US-Kriegskorrespondent Thoburn Wyant an diesem Samstag enthusiastisch nach Hause.

Es hätte ganz anders kommen können: Denn erratische Befehle prägten die letzten Kriegstage in Oberösterreich. Gauleiter August Eigruber wollte Anfang Mai noch die Nibelungenbrücke sprengen. In der Nacht auf den 2. Mai kam der Befehl, alle Häuser im Umkreis von 600 Metern zu räumen.

Der Linzer Franz Zigon damals 21 Jahre alt, war als Funker in der Standortkommandantur am Linzer Schlossberg eingesetzt. „Einer meiner Vorgesetzten, Dr. Hommel, kam zu mir und sagte: Zigon, was können wir dagegen tun?“, erinnert sich der heute 91-Jährige im OÖNachrichten-Gespräch. „Aber was konnte ich schon tun? Allenfalls die Telefonleitungen kappen.“ Letztlich dürfte Eigrubers engeres Umfeld ihn von diesem zerstörerischen Plan abgebracht haben.

Als die US-Panzer über den Linzer Hitler-Platz rollten
Zeitzeuge Franz Zigon: Einst mit 21...,

Zeitzeuge Franz Zigon: Einst mit 21...,

Als die US-Panzer über den Linzer Hitler-Platz rollten
...jetzt mit 91 Jahren (Privat/Schwarzl)

...jetzt mit 91 Jahren

Am 4. Mai hatten die Amerikaner Gramastetten bereits eingenommen und beschossen Linz mit ihrer Artillerie (siehe Artikel rechts). Eigruber traf da in seiner Villa auf der Gugl, 1938 beschlagnahmt vom jüdischen Rechtsanwalt Hermann Schneeweiß, Vorbereitungen für die Flucht ins Pyhrn-Priel-Gebiet. Dem Linzer NS-Kreisleiter Franz Danzer stellte er frei, mit den Amerikaner über eine Übergabe der Stadt zu verhandeln.

Mit einem Steyr 50er („Steyrer Baby“), dem Arzt Fritz Rosenauer als Dolmetscher und einer weißen Fahne fuhr Danzer am Nordufer der Donau gegen Westen. In Rottenegg stießen Danzer und Rosenauer auf US-Truppen. Sie verhandelten eine Übergabe der Stadt am nächsten Tag.

„Um jeden Preis verteidigen“

Doch binnen Stunden hatten sich die Pläne der NS-Restherrschaft wieder geändert. Linz sei „um jeden Preis, Haus für Haus zu verteidigen“, gab Generaloberst Lothar Rendulic am 4. Mai nun als Befehl aus – ein wahnwitziger Plan, der den Einmarsch der Amerikaner höchstens verzögert hätte.

Hektische Telefonate setzten ein. Eigruber hatte Linz schon verlassen. Am Abend erreichte man ihn in Kirchdorf/Krems. Er versprach, mit Rendulic zu reden. Um 20 Uhr die erlösende Mitteilung – Rendulic rückte von seinem Befahl ab. Die Wehrmacht möge sich aus Linz zurückziehen – eine offizielle Kapitulation sollte es aber keine geben.

Die Amerikaner, die am 4. Mai vergeblich auf eine Rückmeldung warteten, nahmen am Abend den Beschuss von Linz wieder auf. Am nächsten Tag fuhren Danzer und Rosenauer erneut nach Rottenegg.

Der Trip sollte sich erübrigen. US-Brigadegeneral Willard A. Holbrook – Spitzname „Hunk“ – schuf mit seiner elften Panzerdivision Fakten. Von Gramastetten marschierte er über Hellmonsödt in Urfahr ein, überquerte die Nibelungenbrücke. Um 11.07 Uhr stand er auf dem Linzer Hauptplatz und beorderte NS-Oberbürgermeister Franz Langoth zu sich.

Die NS-Herrschaft über Linz – mit viel Jubel begonnen am 12. März 1938 – war nach sieben Jahren zu Ende.

 

 

 

Wie es nach der Befreiung weiterging

Noch am Nachmittag des 5. Mai werden Linzer Sozialdemokraten unter der Führung Ernst Korefs bei der US-Armee vorstellig.

Am 7. Mai wird der 54-jährige Koref von den US-Streitkräften anstelle des bisherigen NS-Oberbürgermeisters Franz Langoth als provisorischer Bürgermeister eingesetzt. Bei den Wahlen im November 1945 wird Koref als Bürgermeister bestätigt. Er wird mehrfach wiedergewählt und bleibt bis 1962 Linzer Bürgermeister.

Im August 1945 wird Linz zur geteilten Stadt. Im Zonenabkommen der Alliierten war das gesamte Mühlviertel, inklusive Urfahr, den Sowjets zugesprochen. Zonengrenze war die Nibelungenbrücke auf Urfahraner Seite.