Pöstlingbergbahn: Erste Fahrt bei Sturm und Regen im offenen Wagen
Die Herren von der Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen hatten die "polizeilich-technische Prüfung der Bergbahn, Strecke Urfahr-Pöstlingberg" am Freitag und Samstag vor Pfingsten 1898 so gründlich und bedächtig gemacht, dass keine Zeit mehr geblieben war, die Linzer über die Eröffnungsfahrt am Pfingstsonntag zu informieren.
"Es beteiligten sich bei der ersten officiellen Fahrt daher außer einigen zahlenden Passagieren zumeist nur Beamte der elektrischen Trambahnunternehmung", wie unsere Vorgängerzeitung "Tagespost" vor 120 Jahren schrieb. Nebst der Prominenz natürlich. Zuvor hatte der Betriebsleiter der Bahn, ein Herr Scheinig, seine Eröffnungsrede "mit einem dreifachen Hoch auf den Präsidenten Herrn Dr. Beurle" beendet, "in welches das Personal begeistert einstimmte".
Karl Beurle, Rechtsanwalt, deutschnationaler Politiker und Motor des technischen Fortschritts in Linz, hatte 1895 das "Consortium für die Errichtung elektrischer Anlagen in Linz" gegründet, mit dem Zweck, ein Dampfkraftwerk zu bauen, die Straßenbahn zu elektrifizieren und eine Adhäsionsbahn auf den Pöstlingberg zu errichten. Dafür hatte er unter anderem die "k.k. priv. Länderbank Wien" und die Berliner "Union-Elektricitäts-Gesellschaft" als Partner gewonnen.
Die Entscheidung für eine Adhäsions- statt einer Zahnradbahn war der Grund, dass der Ingenieur Josef Urbanski nicht dabei war, als die Premierenpassagiere der Bergbahn "nach ca. 30 Minuten in bester Laune am Endpunkte der Fahrt" ankamen. Er hatte eine dampfbetriebene Zahnradbahn geplant.
Die Fahrgäste müssen Ende Mai 1898 entweder durch Kleidung gut geschützt oder von besonderer Wetterfestigkeit gewesen sein, denn: "Das Wetter war das denkbar schlechteste, und ein sogenannter Schnürlregen, sowie ein geradezu orkanartiger Wind machten das Sitzen in dem offenen Motorwagen etwas unangenehm". Die Gesellschaft wärmte sich in der im Zuge des Bahnbaus entstandenen Restauration auf und begab sich dann auf Talfahrt, "welche gleich wie die Bergfahrt anstandslos vonstatten ging".
Trotz des miserablen Wetters und der fehlenden Reklame wurden am Pfingstsonntag 736 und am -montag 844 Fahrgäste gezählt. Die Fahrzeiten richteten sich wegen der offenen Wagen auch nach dem Wetter: Bei Schönwetter sollte an Sonntagen alle zwölf Minuten, bei Regen alle 24 Minuten gefahren werden, an Wochentagen alle 24 bzw. 48 Minuten, jeweils von sieben Uhr früh bis zehn Uhr abends. Die sechs schönen offenen Sommertriebwagen fuhren im ersten Jahr bei Schönwetter sogar noch im Dezember, im Jahr darauf wurden sie durch zwei geschlossene Wagen ergänzt.
Die Linzer „Tagespost“ vom 1. Juni 1898. Der Bericht über die Pöstlingbergbahn steht auf Seite 5.