Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Der Forscher, der um die Ecke filmte
Das Hamburger Magazin "Der Spiegel" schrieb von einem "Titan der Beobachtung", nachdem der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt in der Vorwoche knapp vor seinem 90. Geburtstag gestorben war.
Österreichische Medien reagierten zurückhaltender und knapper. Dabei ist mit dem in Wien geborenen Nachkommen eines alten Regensburger Rittergeschlechtes der Letzte aus einer faszinierenden Gruppe von Biologen aus dem Umfeld des späteren Nobelpreisträgers Konrad Lorenz gestorben, die nach 1945 mit Risikobereitschaft und Abenteuerlust erst in der Meeresforschung, dann in der allgemeinen Verhaltensforschung und schließlich auch in der Übertragung der Erkenntnisse auf Menschen (Humanethologie, altgriechisch: ethos= Sitte, Brauch) Maßstäbe setzten.
Hans Hass hatte bereits erste Meeresexpeditionen hinter sich, die dabei gedrehten Filme wurden weltweit gezeigt. Rupert Riedl, später renommierter Weiterentwickler von Lorenz’ Evolutionärer Erkenntnistheorie, hatte auch schon Expeditionserfahrung. Eibl-Eibesfeldt begann noch als Mittelschüler in der Forschungsstation des älteren Semestern noch bekannten Otto Koenig zu arbeiten. Nach dem Naturgeschichts- und Physikstudium ging er zu Lorenz ans Privatinstitut und mit ihm nach Westfalen, schließlich nach Bayern, das zur Wahlheimat wurde.
In den 1950er Jahren nahm Eibl-Eibesfeldt an den Expeditionen seines Freundes Hans Hass auf der "Xarifa" in die Karibik und zu den Galapagosinseln sowie in den Indischen Ozean teil. Seine UNESCO-Dokumentation der Öko-Situation in Galapagos hatte erste Schutzgebiete zur Folge. Er erforschte drachenartige Meerechsen, die zum Tauchen Steinchen schlucken, oder Schildkröten, die sich von Finken nach Zecken absuchen lassen. Als Verhaltensbiologe schrieb er grundlegende Werke.
Die Frage, ob sich die Erkenntnisse über das Verhalten auch auf Menschen übertragen lassen, trieb Eibl-Eibesfeldt in den nächsten Jahrzehnten an. Er wurde Gründer der Humanethologie. Mehr als 40 Jahre studierte er Sozialverhalten, Rituale und Überlebensstrategien von Naturvölkern in Afrika, Südamerika und Neuguinea. Um unverfälscht zu dokumentieren, verwendete er eine von Hans Hass konstruierte Spiegelkamera mit Teleobjektiv, mit der man unbemerkt um die Ecke filmen konnte.
Seine These: Der Mensch ist das Ergebnis stammesgeschichtlicher Entwicklung, tief verwurzelte aggressive Impulse würden durch Neigungen zu Harmonie aufgewogen. Eibl-Eibesfeldts Ansicht, dass der Mensch eine angeborene Fremdenscheu habe, weshalb zu viele Einwanderer den sozialen Frieden gefährdeten, hat ihm viel Kritik von links eingebracht. Seine Reaktion: Fremdenscheu sei nicht Fremdenhass. – Zu Oberösterreich hatte Eibl-Eibesfeldt über die Lorenz-Forschungsstelle in Grünau und Tagungen im Schloss Starhemberg in Eferding Kontakt.