Sonniger Sonntag mit St. Patrick und Gertrude: Ein Lostag für den Frühling

Von Klaus Huber   14.März 2019

Denn sie ist ein uferloses Feld, die Volkskultur, sie kennt keine klar gezogenen Grenzlinien. In ihr tummelt sich unendlich viel Überliefertes und dennoch Lebendiges, von künstlerischer Tätigkeit bis zu gedanklichen Leistungen und Forschertum. Auch die Namenskunde zählt dazu, bietet sie doch als "Nebenprodukt" zahlreiche Einblicke in die Lebensweise unserer Vorfahren.

Am kommenden Sonntag soll zur Beruhigung der Landwirte die Sonne scheinen. Denn der 17. März ist nicht nur St. Patrick’s Day, Irlands Nationalfeiertag, sondern als Gertrudentag von alters her ein wichtiger Lostag in unseren Breiten. "Ist Gertrude sonnig, wird’s dem Gärtner wonnig", besagt eine Bauernregel. Wenig elegant ein altdeutscher Spruch von fragwürdiger sprachlicher Qualität: "An St. Gertrud ist es gut, wenn in die Erd’ die Bohn’ man tut." Hobbyreimer haben schon immer grausam formuliert. Eine tierische Variante beschreibt die Bedeutung dieses Lostages sehr anschaulich: "Es führt St. Gertraud die Kuh zum Kraut, das Ross zum Pflug, die Bienen zum Flug."

Kuckuck und Specht

Der ländlichen Bevölkerung war freilich bewusst, dass man sich nicht auf einen einzigen schönen Tag verlassen sollte. Aufgrund langjähriger Beobachtung richtete sie ihre Aufmerksamkeit im März auf "die beiden Gertrudenvögel", den Kuckuck und den Specht. Erst wenn sie den Frühling "einrufen und einhacken", kann man sich darauf verlassen, dass der Winter "umi is".

Schien die Sonne, wurde am 17. März mit der Gartenarbeit begonnen, daher stellten die Mägde ihre Winterarbeit im Haus ein, etwa das Spinnen. Das Volk sagte: "Gertrud mit der Maus treibt die Spinnerin aus." Dargestellt wird die heilige Gertrud oder Gertraud, Äbtissin des Augustinerinnenklosters Nivelles (heute Belgien) im 7. Jahrhundert, mit einem Spinnrocken und einer Maus, die den Faden abbeißt. Aus ist’s mit der Spinnerei!