Unfall auf der Busspur: Drei Gerichte, drei Rechtsmeinungen

Von (hn)   06.Oktober 2017

Es klingt fast wie eine knifflige Frage für eine Führerscheinprüfung. Aber der Fall ist nicht graue Theorie, sondern er befasste drei Instanzen, bis der Oberste Gerichtshof (OGH) ein vielleicht etwas überraschendes Urteil fällte.

Was war passiert? Ein Radfahrer fuhr auf einem als "Fahrstreifen für Omnibusse" gekennzeichneten Fahrstreifen, der auch von Radfahrern benutzt werden durfte, in eine Kreuzung ein. Die Lichtsignalanlage für Busse, eine sogenannte Bus- ampel, zeigte zu diesem Zeitpunkt einen Querbalken, die "normale" Verkehrsampel auf dem Fahrstreifen daneben Grün für den Geradeaus- und Rechtsabbiegeverkehr.

In der Kreuzung kollidierte der Radfahrer mit einem Auto, das rechts abbiegen wollte. Der Radfahrer wurde verletzt und das Fahrrad beschädigt. Der Radfahrer klagte auf Schadenersatz. Der Autofahrer hingegen pochte darauf, dass der Radfahrer die sogenannte Busampel beachten und stehenbleiben hätte müssen.

OGH dreht das Urteil um

Es ging vor Gericht. Die erste Instanz wies die Klage des Radfahrers ab. Er hätte das Signal der Bus- ampel beachten müssen, hieß es dort. Die zweite Instanz hingegen verwies darauf, dass die Busampel für den Individualverkehr nicht gilt, der Radler aber rechtzeitig vor der Kreuzung die Busspur hätte verlassen müssen, um sich auf dem Fahrstreifen für den allgemeinen Verkehr einzuordnen.

Beide Instanzen wiesen die Klage des Radfahrers ab. Das Höchstgericht drehte den Spieß hingegen um: Es ging vom alleinigen Verschulden des abbiegenden Pkw-Lenkers aus. Die Höchstrichter stellten klar, dass für die Regelung des Individualverkehrs nur die dem internationalen Übereinkommen für Straßenverkehrszeichen entsprechenden Lichtsignale mit rotem, gelbem und grünem Licht gelten. Andere Signalanlagen hätten keine Relevanz, heißt es im OGH-Urteil.

Dass der Radfahrer durch alle Instanzen prozessieren musste, um letztendlich Recht zu bekommen, lässt den Schluss zu, dass die Sache nicht eindeutig geregelt ist.

Das weist Raimund Wurzer, Mediensprecher des Höchstgerichtes, zurück. Es sei sehr wohl eindeutig geregelt. Der Oberste Gerichtshof habe sein Urteil selbstverständlich aus den bestehenden Normen abgeleitet. Es habe eben "unterschiedliche Interpretationen" gegeben. Für die Autofahrer bedeutet dieses Urteil, dass man sich nicht "blind" auf das Grünlicht verlassen darf. Wer rechts abbiegt, muss damit rechnen, dass ein Bus oder eben ein Radfahrer von rechts hinten kommen könnte, der auch freie Fahrt hat.