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Problemzonen der Strafrechtsreform

Von Robert Stammler, 05. Februar 2016, 00:04 Uhr
Problemzonen der Strafrechtsreform
Die zu Jahresanfang in Kraft gesetzte Strafrechtsreform stellt die Praktiker vor neue Fragen. Bild: Weihbold

LINZ. StGB-Änderungen bringen Vorteile für Einbrecher – Kritik an vagen Gesetzesbegriffen.

"Sie profitieren von der neuen Strafrechtsreform", sagte der Richter bei der Verkündung des Urteils zum Angeklagten. Der 26-jährige Bosnier hatte im Vorjahr mit einer Pistole bewaffnet eine Bank in Nettingsdorf überfallen und musste sich in der Vorwoche wegen schweren Raubes vor einem Schöffensenat am Landesgericht Linz verantworten. Das für den Ersttäter günstige Urteil – vier Jahre Freiheitsstrafe – wurde gleich rechtskräftig.

Das wäre vor der Reform, die mit 1. 1. 2016 in Kraft trat, wohl nicht "drin" gewesen. Damals galt noch eine Mindeststrafe von fünf Jahren für das Verbrechen des schweren Raubes (§ 143 StGB), die nun durch das Strafrechtsänderungsgesetz auf ein Jahr Freiheitsstrafe herabgesenkt worden ist. Ein Hauptziel der Neuerungen war, die bisherige Schieflage zwischen traditionell strenger geahndeten Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben zu verbessern.

Bei Vermögenstatbeständen wurden etwa Wertgrenzen erhöht. So liegt nun schwerer Diebstahl nach Paragraf 128 Absatz 2 StGB mit einem Strafrahmen von ein bis zehn Jahren Gefängnis erst dann vor, wenn der Wert der Beute 300.000 Euro übersteigt. Vorher waren es nur 50.000 Euro gewesen. Profi-Einbrecher, also "gewerbsmäßig" handelnde Täter, dürfen seit Jahresanfang erleichtert sein.

Einbrüche bagatellisiert?

Einbruchsdiebstähle werden grundsätzlich nur noch mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren geahndet, außer es wird wie oben angeführt die Wertgrenze von 300.000 Euro überschritten – was in der Praxis aber selten der Fall ist. Ein Höchststrafrahmen von bis zu fünf Jahren kommt außerdem nur noch dann zur Anwendung, wenn in private "Wohnstätten" eingebrochen wird oder der Täter bei der Tat eine Waffe bei sich hat. Unternehmer kritisieren, dass Einbrüche in Büros oder Geschäftsräume bagatellisiert würden. "Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Reform vom Wunsch nach Entleerung der Gefängnisse getragen ist", sagt die Wiener Anwältin Liane Hirschbrich.

Die neuen Strafsätze kommen auch für "Altfälle", in denen es bis 1. Jänner noch keinen Prozess gegeben hat, zur Anwendung, weil im Strafrecht die für den Täter günstigere Rechtslage gelte, sagt der Linzer Staatsanwalt Philip Christl.

 

Neues Strafrecht

Mit 1. Jänner 2016 ist die umfangreichste Reform des Strafgesetzbuches seit 1975 in Kraft getreten. Diese soll eine Neuorientierung des Strafrechts in Österreich markieren und damit den heutigen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werden, heißt es aus dem Justizministerium.

Bei der Reform wurden insgesamt rund 200 Tatbestände überarbeitet, aber auch völlig neue eingeführt. So werden seit Jahresbeginn unter anderem Zwangsheirat, Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und Cybermobbing neu unter Strafe gestellt. Auch der Tatbestand der Verhetzung wurde neu definiert und deutlich verschärft.

 

 

Thomas Meingast: Einfacher wurde es nicht

Das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 hat die Tätigkeit eines Strafrichters keinesfalls vereinfacht, etwa durch die Formulierung neuer Tatbestände mit einer großen Anzahl unbestimmter Gesetzesbegriffe und den damit einhergehenden Schwierigkeiten des Nachweises strafbaren Verhaltens.

Aus Sicht eines Strafrichters zählt zu den kritischen Punkten unter anderem die Neuregelung der „Gewerbsmäßigkeit“, für die nunmehr neben der Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen, auch das Vorliegen von objektiven Kriterien erforderlich ist (§ 70 Abs 1 Z 1-3).

In der gerichtlichen Praxis wird dabei die wohl größte Bedeutung die Z 3 haben, wonach der Täter bereits zwei solcher Taten begangen haben oder wegen einer solchen Tat verurteilt worden sein muss. Das bedeutet, dass erst die dritte Tat eines nicht einschlägig Vorbestraften gewerbsmäßig begangen werden kann. Zudem muss in jedem Fall die Absicht des Täters nachgewiesen werden, dass er sich durch genau solche Taten längerfristig ein durchschnittliches monatliches Einkommen von mehr als 400 Euro verschaffen wollte. Trotz der Verwendung des Begriffes Einkommen (und nicht Einnahmen) soll nach Ansicht des Ministeriums gerade kein Bezug zum steuerrechtlichen Einkommen vorliegen, obwohl der Täter die Tat ähnlich einer Erwerbstätigkeit begehen soll.

Im Sexualstrafrecht wird die neue Bestimmung der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§ 205a StGB) interessant werden; dies einerseits wegen der auf der Hand liegenden Beweisprobleme des Merkmales des Beischlafes gegen den Willen des Opfers, welches vom Vorsatz des Täters umfasst sein muss.

Andererseits stellt sich etwa die Frage, ob der Beischlaf mit einer (ausländischen) Prostituierten, die sich nach dem Vorsatz des Täters nur aufgrund der wirtschaftlichen Not in ihrer Heimat zu ihrer Tätigkeit verstanden hat, die Ausnützung einer Zwangslage ist und damit bereits den Tatbestand erfüllt.

Alles in allem wird es aus der Sicht eines Strafrichters in erster Instanz spannend bleiben, bis die neuen Regelungen durch die (höchstgerichtliche) Rechtsprechung geklärt werden. Die Gesetzesmaterialien liefern nur vage Anhaltspunkte für die Auslegung der neuen Tatbestände.

Thomas Meingast ist Richter am Landesgericht Salzburg.

 

 

Oliver Plöckinger: Gesetz lässt viele Fragen offen

Blickt man in die Materialien zum Strafrechtsänderungsgesetz 2015, so war der ursprüngliche Auftrag an den Gesetzgeber klar definiert: Das Strafgesetzbuch – ein im Jahr 1975 epochales Werk – soll „seine Eigenschaft als verständliche und möglichst breit akzeptierte Kodifikation dessen, was in einer demokratischen Gesellschaft mit den schärfsten Sanktionen bedroht sein soll, in vollem Umfang behalten oder wiedererlangen“.

Dieses Unterfangen ist über weite Bereiche gründlich gescheitert, strotzt doch das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 nur so vor unbestimmten Gesetzesbegriffen, welche es dem Rechtsunterworfenen, aber auch dessen rechtlichem Berater zunehmend erschweren, die Grenzen zwischen gerade noch erlaubtem und bereits strafbarem Verhalten abzustecken.

Negative Beispiele dafür liefern die neuen Tatbestände der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§ 205a StGB) sowie der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs. 1a StGB (besser bekannt als „Pograpsch-Paragraf“). Nach § 205a StGB ist zu bestrafen, wer mit einer Person den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung gegen deren Willen vornimmt.

Ein Handeln gegen den Willen lässt sich (relativ) leicht in jenen Fällen feststellen, in denen das Opfer sich explizit äußert. Wie sind aber jene Fälle zu beurteilen, in denen sich das Opfer lediglich innerlich gegen den Täter stellt, ohne diese Ablehnung auf welche Art auch immer nach außen hin zu kommunizieren?

Diese Unsicherheiten bei der Auslegung setzen sich bei § 218 Abs. 1a StGB fort, wo für eine allfällige Strafbarkeit darauf abgestellt wird, dass eine Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt wird. An den Strafgerichten liegt es nunmehr, festzulegen, was unter dem Begriff „intensiv“ zu verstehen ist und vor allem, welche Körperstellen der Geschlechtssphäre zuzuordnen sind. Ist darunter neben beispielsweise Oberschenkel und Gesäß auch die Wange zu verstehen und kann daher ein nicht gewünschter Kuss in Hinkunft strafbar sein? Fragen über Fragen, welche der Gesetzgeber unbeantwortet lässt und die Beantwortung vielmehr in die Hände der Rechtsprechung legt. Eine unbefriedigende Situation.

Oliver Plöckinger ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei SCWP Schindhelm in Linz

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17  Kommentare
17  Kommentare
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( Kommentare)
am 01.06.2018 09:24

Ja, wer war wohl der (damals) dafür zuständige Justizminister?
Hat der nicht sogar einen Weisenrat beigestellt bekommen, weil er zuvor in viele Prozesse (der Ära Schüssel-FP) als Anwalt einbezogen war?

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am 09.07.2017 18:42

Die nächste Regierung (blau-schwarz) wird den bedarfsgerechten Gesetzes-Normalzustand wieder herstellen!

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lawandorder (1.001 Kommentare)
am 07.07.2017 07:19

Justiz und Polizei leisten hervorragende Arbeit.

NUR:

Bei solchen Gesetzen besteht keine Handhabe mehr.

Erhöhung von Wertgrenzen, Herabsetzung von Strafdrohungen dienen in einer Zeit der steigenden Kriminalität nur der Verschönerung von Statistiken.

Wenn ich niemanden mehr festnehmen oder einsperren kann, sinken die Haftzahlen in der Statistik. Die Bevölkerung wird belogen.

Anstatt die Ursache zu bekämpfen, geht man den Weg des geringsten Widerstandes.

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Bawlo (609 Kommentare)
am 05.01.2018 07:42

Es ist schrecklich, ein Krimineller,bedroht einem ständig mit dem Umbringen,man macht Anzeige bei der Polizei, die Staatsanwaltschaft stellt es wieder ein!!

Schwere Verleumdungen ....,Staatsanwaltschaft sieht keinen Grund einer weiteren Verfolgung! Schöne Aussichten, in einem Rechtsstaat Österreich!

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koepher (182 Kommentare)
am 04.03.2017 07:58

welcome Vermögenstranferdienstleister

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observer (22.199 Kommentare)
am 05.02.2016 12:17

Statt Verschärfungen gibt es weitehendst Starafmilderungen. Und das in Zeiten wie diesen. Und ein Jugendstrafrecht, das jetzt bis 21 Jahre !!! gilt und daher für TäterInnen von 18 bis 21 noch die Anwendung des an und für sich schon zu milden Jugendstrafrechts beinhaltet. Ein Skandal, den wir zu einem guten Teil dem Hrn. B. - dem dztg. Justizminister - eigentliche Profession Strafverteidiger, no na, zu verdanken haben. Der gehört schleunigst abgelöst und aus seinem Amt entfernt, wir brauchen Starfverschärfungen, keine Glacéhandschuhe für VerbrecherInnen.

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Gugelbua (31.906 Kommentare)
am 05.02.2016 11:27

ganz einfach, jene die sich gute Anwälte leisten können sind im Vorteil.(Eliten aus Politik und Wirtschaft)
unsere staatlichen Hotels sind ohnehin schon überfüllt grinsen

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am 05.02.2016 09:21

Herrgott schau âwa- auf diesen Justizminister !
Es ist ein fatales Signal,
in Zeiten wo Einbrüche zu nehmen
und die Bevölkerung immer mehr beunruhigen,
diese Verbrechen milder bestrafen zu wollen.

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 05.02.2016 11:17

@weyermark: Der HERRGOTT schaut eh awa auf die Justiz. Schau auf das Weihbold-Foto zum Artikel, hinten unscharf die Richterin, vorne scharf der Tisch mit Kruzifix und Kerzen.

Was wieder einmal die Frage aufwirft: Was, zum Teufel hat ein Kruzifx als religiöses Symbol auf einem Richtertisch des Staates Ö. zu suchen?

Wird im Gerichtssaal ein Gottesdienst abgehalten, ist das Gericht der Ort der Rechtspflege oder von klerikalen Ritualen?

Ein säkular sein wollendes Land wie Ö. täte gut daran, die Kreuze aus den Gerichtssälen zu verbannen, wo sie gar nichts zu suchen haben.

Wann wird der Justizminister und das Parlament das bemerken und begreifen?

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( Kommentare)
am 05.02.2016 11:48

vor Gott einen Meineid zu schwören,
beschert doch Vielen noch ein mulmiges Gefühl-
während "nur" den Staat anzulügen
bei Wenigen Gewissensbisse verursacht.
Ganz schlimm wird das aber bei der Scharia werden,
wenn du den Allah linkst.

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haspe1 (23.645 Kommentare)
am 05.02.2016 13:24

@weyermark: Mag sein, dass es ein paar Personen gibt, die im Angesicht eines Kruzifixes nicht lügen/falsch schwören wollen.

Aber vereidet werden bekanntlich nicht die Beschuldigten, sondern die Zeugen. Und niemand kann gezwungen werden, mit einem "so wahr mir Gott helfe" etc. zu schwören und zudem gehören religiöse Symbole aus Prinzip nicht in Gerichtssäle.

Die Beschuldigten hingegen können/dürfen ohnehin lügen, um sich nicht selbst zu belasten und brauchen keine Schwüre ablegen...

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( Kommentare)
am 05.02.2016 14:31

ich verteidige keineswegs religiöse Symbole-
sie sind halt der Rest einer "Christlichen Ordnung",
und ich kann mir auch geeignetere Mittel
zur Wahrheitsfindung vorstellen.
Es geht aber darum, daß Einbruch, Diebstahl etc.
in Zukunft nicht milder bestraft werden sollen
(es muß ja nicht gleich die Hand abgehackt werden,
wie es die Scharia vorsieht).

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Bawlo (609 Kommentare)
am 05.01.2018 07:52

Das Kruzifix hat in den Gerichten zu bleiben,ansonsten gibt es üerhaupt keinen Respekt mehr!

Was in den Gerichten gelogen wird von Zeugen ...,das ist ganz schlimm!!

Und was wird gemacht nichts,aber wenn sie den Herrgott vor sich sehen, dann brechen viele in Tränen aus, was sie angestellt haben!! Ich habe das schon erlebt,wenn man den Beisitz bei Verhandlungen machen musste!

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pepone (60.622 Kommentare)
am 05.02.2016 08:03

ich habe schon MEHRMALS geschrieben und wiederhole es gerne :

die Justiz ist zu lasch und muss DRINGENST schärfer werden denn sonst wird sie ad absurdum geführt, denn diese Weicheier Gesetze bringen keine Sicherheit für das Volk .! traurig

die Resozialisierung wird an erster stelle gesetzt statt STRAFE

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pepone (60.622 Kommentare)
am 05.02.2016 08:04

die Opfer fühlen sich blamiert und benachteiligt !

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Bawlo (609 Kommentare)
am 05.01.2018 07:54

Daher brauchen wir einen anderen Justizminister, mit viel härt

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Bawlo (609 Kommentare)
am 05.01.2018 07:57

Daher brauchen wir einen anderen Justizminister, mit viel härteren Gesetzen,das fängt bei Morden, sexuelle Gewalt, Drogen......an!

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