Pflege wird beim Erben belohnt

Von Hermann Neumüller   06.November 2015

200 Jahre hat das österreichische Erbrecht fast unverändert auf dem Buckel. Im Juli hat der Nationalrat das Erbrechts-Änderungsgesetz beschlossen, das mit 1. Jänner 2017 in Kraft tritt. Weil Erbschaftsangelegenheiten keine Schnellschüsse sein sollten, ist es durchaus angebracht, sich schon jetzt damit auseinanderzusetzen.

Eine wichtige Neuerung ist, dass künftig Pflegeleistungen, die in der letzten Phase vor dem Tod erbracht wurden, beim Erben berücksichtigt werden. Das gilt freilich nur für nahe Angehörige (zum Beispiel Ehegatten, Eltern und Geschwister), aber nicht für Fremde. "Das gilt unabhängig davon, ob man im Testament bedacht wurde oder nicht", sagt Rechtsanwalt René Lindner, Partner bei Hengstschläger Lindner und Partner Rechtsanwälte GmbH, im Gespräch mit den OÖNachrichten.

Man muss dafür freilich den Verstorbenen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod mindestens sechs Monate lang durchschnittlich mehr als 20 Stunden pro Monat gepflegt haben, ohne dafür ein angemessenes Entgelt bekommen zu haben.

Aber wie weist man das nach? "Da muss sich noch eine Judikatur herausbilden", sagt Lindner. Für Laien: Das ist noch nicht klar. Lindner rät seinen Klienten, Aufzeichnungen zu führen oder Rechnungen aufzuheben.

Eine Erleichterung bringt das neue Erbrecht auch für Familienmitglieder, die einen Betrieb erben. Der Pflichtteil, der anderen Familienmitgliedern zusteht, kann gestundet oder in Raten ausgezahlt werden. Bisher waren die Pflichtteile sofort fällig und haben den Betriebsübernehmer oft schwer in Bedrängnis gebracht. Der Pflichtteilsberechtigte bekommt für den Zeitraum aber Zinsen in der Höhe von vier Prozent.

Pflichtteil bleibt erhalten

Der sogenannte Pflichtteil bleibt erhalten. Darunter versteht man jenen Anteil am Erbe, den Angehörige auch dann bekommen müssen, wie sie im Testament nicht bedacht wurden. Berechtigt sind nur Nachkommen und Ehegatten bzw. eingetragene Partner.

Überhaupt sind eingetragene Partner künftig im Erbrecht den Ehegatten gleichgestellt. Es gibt aber auch eine Verbesserung für Lebensgefährten. Denen steht künftig das so genannte Vorausvermächtnis zu. Darunter versteht man die gemeinsame Wohnung und Hausrat. Dieses ist bei Lebensgefährten auf ein Jahr befristet.

Rechtsanwalt Lindner sieht wichtige Errungenschaften im neuen Erbrecht, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht so scheint. "Die Änderungen treffen nicht auf viele zu. Aber für jene, die es betrifft, sind es entscheidende Verbesserungen."

 

Das neue Erbrecht

Zuwendungen: Sämtliche Zuwendungen unter Pflichtteilsberechtigte zu Lebenzeiten des Vererbenden werden künftig berücksichtigt. Das sei zwar oft schwer zu beweisen, aber wenn beispielsweise eines von drei Geschwistern bereits eine Wohnung bekommen hat, dann wird das beim Pflichtteil entsprechend angerechnet.

Testament: Für fremdhändige Testamente, also letztwillige Verfügungen, die etwa auf dem Computer verfasst werden, gilt in Zukunft, dass der letztwillig Verfügende vor den drei gleichzeitig anwesenden Zeugen unterschreiben und explizit bekräftigen muss, dass es sich bei der Erklärung um seinen letzten Willen handelt.