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Für Gottes Lohn – und die Pension

Von Robert Stammler, 07. Dezember 2018, 00:04 Uhr
Für Gottes Lohn – und die Pension
Fälle, die Verfahrenshelfer übernehmen, können sehr umfangreich sein. Bild: OÖN

LINZ. Verfahrenshilfe: Unentgeltlich arbeiten Anwälte pro Jahr Tausende Stunden, etwa für Pflichtverteidigungen – der Staat zahlt dafür einen Pensionszuschuss.

Als "Quereinsteiger" musste der Marchtrenker Rechtsanwalt Willibald Berger im Jahr 2016 die Verteidigung in einem großen, bis heute nicht abgeschlossenen Betrugsprozess übernehmen. Die Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Wels war zu diesem Zeitpunkt bereits rund ein halbes Jahr im Laufen. Eine von insgesamt sieben Angeklagten brauchte damals einen neuen Rechtsvertreter. Aufgrund ihrer schlechten finanziellen Lage bewilligte das Gericht der Frau die Verfahrenshilfe, zumal in Schöffenprozessen Angeklagte zwingend einen Verteidiger an ihrer Seite haben müssen.

Berger wurde zum Verfahrenshelfer (in Deutschland "Pflichtverteidiger") bestellt. Per Zufallsprinzip: Als Marchtrenker Anwalt steht er auf der von der oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer geführten und alphabetisch geordneten Liste für den Landesgerichtssprengel Wels. An jenem Tag, an dem das Welser Gericht über die Verfahrenshilfe entschied, war der Buchstabe "B" an der Reihe.

Berger hatte keine Möglichkeit, die aufwendige Causa abzulehnen. "Ich könnte nur in Ausnahmefällen ablehnen, zum Beispiel, wenn ich in einem Interessenkonflikt wäre, weil ich in einer Strafsache bereits die Vertretung des Opfers übernommen hätte." Eine Vertretung durch einen Kanzleikollegen kommt für Berger grundsätzlich nicht in Frage: "Ich betreue alle meine Akten höchstpersönlich." Viele Abende und Wochenenden musste er investieren, um sich in den laufenden Prozess einzuarbeiten, Einvernahme-Protokolle Dutzender Zeugen nachlesen. "Der unmittelbare Eindruck der Zeugenaussagen fehlt einem natürlich, wenn man quer einsteigt." 69 Verhandlungsstunden verbrachte Berger allein in erster Instanz im Gerichtssaal, die Verhandlungen dauerten teilweise bis zum späten Abend. "Einmal haben wir bis 22 Uhr verhandelt."

Besonders die Erörterung hunderte Seiten starker Sachverständigen-Gutachten über Buchhaltung und Bilanzen war zeitintensiv. "Mindestens 70.000 Euro" hätte der Anwalt gemäß den Tarifvorschriften verrechnen können, wäre der Fall eine Wahlverteidigung gewesen. "Ich hätte in diesem Fall ein moderates Stundensatzhonorar oder eine Pauschale vereinbart, damit die Kosten für den Mandanten überschaubar bleiben." Doch als Verfahrenshelfer hat der Anwalt für seinen Aufwand keinen Honoraranspruch.

3,15 Millionen Euro geleistet

"Diese unentgeltliche Tätigkeit leisten wir Rechtsanwälte gerne im Interesse der Allgemeinheit", sagt Franz Mittendorfer, Präsident der oö. Rechtsanwaltskammer. 1574 Verfahrenshilfevertretungen übernahmen die oberösterreichischen Anwälte im Vorjahr: Leistungen im Wert von 3,15 Millionen Euro wurden erbracht. Einen Teil davon, circa 40 Prozent, zahlt der Staat in die Pensionskasse der Rechtsanwälte ein.

Kostenlose Erstberatung

Verfahrenshilfe gibt es auch für zivil- und verwaltungsgerichtliche Angelegenheiten: zum Beispiel bei Ehescheidungen, die sich über Jahre hinziehen können. Zum kostenlosen Leistungsspektrum gehört auch die "erste anwaltliche Auskunft", ein zehn- bis 15-minütiges Beratungsgespräch, um Ratsuchenden eine erste Orientierung zu bieten. 1763 Oberösterreicher haben diesen Service bei 145 Anwälten im Vorjahr in Anspruch genommen.

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3  Kommentare
3  Kommentare
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benzinverweigerer (14.598 Kommentare)
am 09.12.2018 10:31

Worauf nicht eingegangen wird:
Wie oft tritt dieser Fall im Schnitt ein?
1x im Jahr?
10x im Berufsleben?
3x die Woche?

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neptun (4.138 Kommentare)
am 07.12.2018 11:51

Ach und die Techniker, Lehrer, Chemiker... zahlen Sich Ihr Studium selbst?

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kakr (447 Kommentare)
am 07.12.2018 05:44

Bitte nicht falsch verstehen - aber mein Mitleid hält sich hier in sehr engen Grenzen. Ganz im Gegenteil bin ich immer schon der Meinung, dass es nicht zu viel verlangt ist, wenn die Herren und Damen RA, deren Ausbildung ja in aller Regel die Öffentlichkeit bezahlt (die von Ärzten, Zahnmediziner usw. übrigens auch) zumindest einen Teil der in sie investierten Kosten der Allgemeinheit wieder zurückgeben sollten. Und die Aufgabe als Verfahrenshelfer ist hier eine sehr schöne und durchaus vertretbare Möglichkeit. Die Kohle holen sich die Damen und Herren dann schon wieder an anderer Stelle, und das nicht zu knapp.

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