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Die Zeugen und der letzte Wille

Von Robert Stammler, 03. August 2018, 06:15 Uhr

LINZ. Sind Tausende Testamente ungültig? Ein OGH-Urteil zu Formvorschriften für den letzten Willen wirft Fragen auf – Anwälte raten zur Vorsicht.

Es war laut Rechtsexperten ein "krasser" und "kein alltäglicher" Fall, den der Oberste Gerichtshof zu behandeln hatte. Eine todkranke 67-Jährige lag nach einer Blutvergiftung mit akutem Nierenversagen in einem Spital in Vorarlberg, als sie Besuch von einer Freundin bekam.

Die Besucherin legte der Sterbenden ein am PC verfasstes Dokument mit deren letztem Willen zur Unterschrift vor. Dieses Testament sollte die Freundin zur Alleinerbin machen und damit die Ansprüche der Tochter der 67-Jährigen auf den Pflichtteil beschränken. Die Kranke unterschrieb, und es kam nach dem Tod der Vorarlbergerin zu einem Erbschaftsstreit zwischen der Tochter und der Alleinerbin.

"In der letzten Phase des Lebens können Menschen sehr emotional reagieren, sie werden zugänglich für solche Art von Besuchen", weiß der auf Erbrechtsfragen spezialisierte Rechtsanwalt Walter Müller von der Kanzlei Prof. Haslinger und Partner aus eigener praktischer Erfahrung. Dass der OGH das Testament für ungültig erklärte und die Tochter als gesetzliche Erbin bestätigte, "wundert mich nicht", so der Experte. Das vorformulierte, fremdhändige Testament litt an einem groben Formmangel: denn die Unterschriften der drei für das Zustandekommen eines Testaments erforderlichen Zeugen befanden sich quasi "blanko" auf einem losen Stück Papier ohne Bezug zur Testamentsurkunde. Der Zettel wurde später mit einer Büroklammer an die letztwillige Verfügung angeheftet. "So ein Vorgehen widerspricht dem Prinzip der Fälschungssicherheit, mich hat es gewundert, dass die Unterinstanzen in Vorarlberg anders entschieden haben als der OGH", sagt Müller. Der OGH betonte in seinem Beschluss über den Vorarlberger Erbrechtsstreit, dass die Zeugen "immer auf der Urkunde selbst" unterschreiben müssen und nicht etwa auf einem Umschlag oder wie hier auf einem Extra-Zettel "ohne inhaltlichen Zusammenhang" mit der letztwilligen Verfügung.

"Immer auf der Urkunde selbst"

"Immer auf der Urkunde selbst": Die deutliche OGH-Betonung dieses Grundsatzes rief bei Anwälten und Notaren Unklarheiten hervor. Denn in der Praxis komme es häufig vor, dass das Blatt mit den Unterschriften dem Testament beigefügt werde. "Wir verbinden das mit Bindfaden und Siegel", so der Feldkircher Notar Richard Forster. So könne nachträglich nichts entfernt oder hinzugefügt werden. Ob dies nun weiterhin zulässig sei, sei fraglich. Womöglich seien Tausende Testamente in Österreich nun ungültig, so die Befürchtung.

Meist nur eine Seite lang

"In der Praxis sind Testamente, die mehr als einen A3-Bogen lang sind, selten", sagt Anwalt Müller. In der Regel reiche es, wenn neben dem Erblasser auch die Zeugen auf dem Papier mit dem Testaments-Inhalt unterschreiben. Sei das Testament mehrere A3-Bögen lang, so müsse der Bogen mit den Unterschriften so gekennzeichnet sein, dass es eindeutig vom letzten Willen des Erblassers mit umfasst ist: etwa durch die Formulierung "Fortsetzung meines Testaments".

"Auf Nummer sicher gehen"

Für bemerkenswert hält Müller die Äußerungen des OGH, dass bei fremdhändigen Testamenten mit mehreren Seiten womöglich alle Blätter von den Zeugen unterschrieben werden müssen. Der Oberste Gerichtshof stellte diese Frage in seinem Beschluss zwar in den Raum, beantwortete diese allerdings nicht. "Ich gehe auf Nummer sicher und rate meinen Mandanten daher auch zu dieser Vorgehensweise", sagt Müller.

 

Pflichtteilsrecht und Register für Testamente

Per Testament kann ein Erblasser, der einen Ehegatten oder Nachkommen hat, nur über die Hälfte seines Vermögens verfügen. Die andere Hälfte geht an die Pflichtteilsberechtigten. 2017 kam es zu einer großen Erbrechtsreform, sagt der Erbrechtsexperte Walter Müller.

Das gesetzliche Erbrecht steht zu einem Drittel dem Ehegatten bzw. einem eingetragenen Partner zu. Zwei Drittel stehen den Nachkommen zu: also Kindern, Enkeln bzw. Urenkeln. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbrechts. Die Eltern des Verstorbenen bzw. weitere Vorfahren erhalten seit der Reform keinen Pflichtteil mehr.

Formvorschriften Seit der Reform gelten strengere Formvorschriften für ein Testament. Der Erblasser muss neben seiner Unterschrift handschriftlich bekräftigen, dass diese Urkunde seinen "letzten Willen" enthält. Dabei müssen drei Zeugen ununterbrochen und gleichzeitig anwesend sein, vorher waren es nur zwei.

Aufbewahrung Ein Testament sollte nicht zu Hause aufbewahrt werden. Im Regelfall wird das Dokument beim Anwalt oder Notar hinterlegt, wo es sicher in einem Tresor verwahrt wird. Wer wann und wo ein Testament hinterlegt hat, scheint im Testamentsregister auf, auf das die Gerichte im Verlassenschaftsverfahren zugreifen.

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3  Kommentare
3  Kommentare
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fanatiker (6.116 Kommentare)
am 03.08.2018 13:40

Eine gut getimte Gratiswerbung für die armen Notare, in der Sauregurkenzeit!

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Gugelbua (31.914 Kommentare)
am 03.08.2018 10:17

beim Erben werden die Leut zu Hyänen grinsen

und wie die Skandale der letzten Jahre zeigen ist auch die Justiz davon nicht gefeit grinsen

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kakr (447 Kommentare)
am 03.08.2018 08:59

Ein fremdhändiges Testament, auf dem die Unterschriften der Zeugen angeheftet werden? Und sowas geht bis zum OGH? Und die Erstinstanzen geben der Freundin der Erblasserin recht? Sorry, haben die die Lehrlinge, die ein Gerichtsjahr absolvieren, über den Fall drübergelassen? So etwas stinkt doch allein schon wegen der Vorgehensweise 100 km gegen den Wind. Wie ich immer sage - Justitia ist nicht nur blind!

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