Peter Weibel: Der Medienrebell
Wie kaum ein anderer changiert der in Ried im Innkreis aufgewachsene Medienkünstler Peter Weibel zwischen Künstler und Kurator, Wissenschaft und Kunst, aber auch zwischen poetischer Vision und politischer Subversion.
Der 74-jährige Rebell passt in keine Schublade – und genießt dies auch. Jetzt wurde der viel Arbeitende und noch schneller Sprechende mit dem Österreichischen Kunstpreis in der Kategorie "Medienkunst" ausgezeichnet (siehe Seite 15).
Geboren wurde Weibel am 5. März 1944 als "Migrationsprodukt" im ukrainischen Odessa. Später flüchtete seine Mutter in den Kriegswirren über Polen, Tschechien und den Schwarzwald nach Oberösterreich in ein US-Lager für "displaced persons". Nach der Matura in Ried studierte er Französisch und französische Literatur in Paris, begann 1964 in Wien ein Medizinstudium und wechselte schließlich zu Mathematik und Logik. Eine Dissertation über mathematische Logik schrieb er zwar, reichte diese aber nie ein.
Als Mitakteur der "Uni-Ferkelei" im Juni 1968 verursachte Weibel einen Skandal, der in die Kunstgeschichte einging. Ebenfalls vor dem Richter landete Weibel mit der "Tapp- und Tastkino"-Performance, die er mit seiner damaligen Lebensgefährtin Valie Export initiierte. Dabei durften Passanten auf der Straße 33 Sekunden lang die Brüste der Künstlerin betasten. Nach diesen wilden Jahren des Wiener Aktionismus wandte sich Weibel dem Experimentalfilm und der Computerkunst zu, zu deren Pionieren er zählt. Von 1992 bis 1995 war Weibel künstlerischer Leiter der Ars Electronica in Linz. Heute gilt der einstige Provokateur als international renommierter Kurator und Medientheoretiker. Seit 19 Jahren leitet Weibel das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Seiner legendären Arbeitswut hat er nie abgeschworen, wie er einmal süffisant kommentierte: "Bei mir ist ein Werk nie fertig. Ich bin berüchtigt dafür, dass ich nie Termine einhalten kann. Ich bin ein idealer Nachlasskünstler."