Gareth Southgate: Er hat sein Trauma besiegt
Am 26. Juni 1996 ist Gareth Southgate in ein tiefes emotionales Loch gefallen.
Der ehemalige Verteidiger war derjenige gewesen, der ausgerechnet bei der Fußball-Heim-EM in England das Tor der "Three Lions" zum Finale zugemacht hat, weil er selbiges im Elfmeterschießen nicht getroffen hatte. Southgate scheiterte damals mit dem elften Penalty auf dem saftigen Grün des Londoner Wembley-Stadions an Andreas Köpke. Die Briten waren draußen, die Deutschen kurz darauf Europameister.
Heute, 8044 Tage später, ist Southgate ein glücklicher und vor allem stolzer Teamchef, der in der Heimat auch zur Stilikone geworden ist. Das Gilet des 47-Jährigen aus Crawley, das übrigens den dezenten Schriftzug "It’s coming home" trägt, verkauft sich nicht nur blendend, es steht auch für die Sehnsucht der Engländer nach der Rückkehr des WM-Pokals. Die 52 Jahre, die seit dem bis dato einzigen Triumph ins Land gezogen sind, fühlen sich wie die nicht greifbare Unendlichkeit an.
England hat im WM-Achtelfinale in Russland ein Elfmeterschießen gewonnen – gegen Kolumbien. Southgate war (zum Glück) kein Schütze, aber derjenige, der sein Team akribisch seit März auf so ein Szenario vorbereitet hatte. Jetzt erntet er Begeisterungsstürme aus der Heimat, die knallharter Arbeit geschuldet waren. Das war schon immer das Credo in der Karriere des Gareth Southgate, der nie als großer Ballzauberer in Erscheinung getreten ist, sondern als verlässlicher Innenverteidiger. Nicht bei den großen Vereinen der Premier League, sondern bei Crystal Palace, Aston Villa und Middlesbrough. Trotzdem hat er den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft und 57 Länderspiele bestritten. Bei Southgate, der seit 21 Jahren mit Alison verheiratet ist und zwei Kinder (Mia und Flynn) hat, weiß man, was man bekommt. Auch als Trainer.
Seit Ende September 2016 ist er englischer Teamchef, die WM-Qualifikation meisterte er trotz des eingeläuteten Verjüngungsprozesses und des Abgangs von Wayne Rooney in souveräner Manier. Zum Sprücheklopfer wurde er trotzdem nicht. Das ist nicht sein Stil.