Chris Lohner: Pagenkopf mit Stimme
Bei den ÖBB hat man selten eine Managemententscheidung so bereut, wie jene, Chris Lohner als Zug-Ankündigungsstimme von den Bahnhöfen dieses Landes zu verbannen.
Ab 2011 sollte eine Computerstimme namens Petra Zugverbindungen – etwa von Mistelbach nach Gramatneusiedl – ankündigen. Ein Privileg, das zuvor 40 Jahre lang der heute 75-Jährigen zuteil geworden war. 2015 gab man bei den Staatsbahnen dem Druck der Lohner-Fans nach. Seither bespricht das ehemalige Model mit dem markanten Pagenkopf in Rot wieder heimische Bahnhöfe – wenn auch digitalisiert. Ihre Frisur erfand übrigens der ehemalige Wiener Star-Figaro Hans Bundy.
Doch die am 10. Juli 1943 als Christine Keprda in Wien geborene hatte viel mehr zu sagen. Zunächst als Programmansagerin im ORF – als solche kehrt sie in dieser Woche täglich um 20.13 Uhr im Spartensender ORF III zurück. 30 Jahre lang organisierte sie mit freundlich-warmer Stimme und charmantem Lächeln den – zumeist nur aus zwei Kanälen bestehenden – Fernsehabend.
Später mutierte sie zur Buchautorin ("Jung war ich lang genug"), Kabarettistin ("Wolllust") und Schauspielerin. In den Kult-Serien "Kottan ermittelt" oder "Tohuwabohu" trat sie ebenso auf wie im "Kaisermühlen-Blues". Ihre Modelkarriere startete mit einer Anfrage auf offener Straße: Ein Fotograf bat, Fotos von der schönen, jungen Frau machen zu dürfen. Chris Lohners Privatleben war eigenen Aussagen zufolge "unheilig". Mit 20 verschiedenen Männern will sie – ungefähr – im Bett gewesen sein. Verheiratet war sie ein Jahr lang mit Alfons Lohner, als Lebensmenschen bezeichnet sie aber den ehemaligen Sänger und Tennisspieler Lance Lumsden aus Jamaica. Diese Beziehung wurde in der Öffentlichkeit nicht ungeteilt goutiert. Attribute wie "Negerhure" waren darunter.
Chris Lohner ist aber auch eine Frau, die inhaltlich etwas zu sagen hat. Etwa durch ihr engagement für "Licht in die Welt" und den WWF. Vor wenigen Tagen regte sie mit einem kritischen Facebook-Post über Innenminister Herbert Kickl auf.