Alexis Tsipras: Griechischer Gratwanderer
Gleich zwei Probleme versucht der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras dieser Tage für beendet zu erklären: Den Namensstreit mit dem Nachbarn Mazedonien und die Finanzkrise.
Während Ersterer tatsächlich als beigelegt angesehen werden kann, ist die Finanzkrise des jahrelangen Wackelkandidaten der Eurozone längst nicht beendet. Obwohl Griechenland laut Ansicht der Euro-Partner jetzt wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Verantwortlich dafür: Ein massiver Spar- und Reformkurs. Und dieser ist unauslöschlich mit dem Namen Tsipras verbunden.
Politisch aktiv wurde der 1974 in Athen Geborene bereits mit 16 – in der kommunistischen Jugend. 2008 zum Vorsitzenden des Linksbündnisses Synaspismos gewählt, zog der studierte Bau-Ingenieur ein Jahr später als Vorsitzender der Syriza-Fraktion ins Parlament ein und wurde Anfang 2015 Ministerpräsident. Seither vollführte er eine permanente Gratwanderung zwischen entschiedenem Gegner von Sparauflagen und verlässlichem Euro-Partner, der selbst die härtesten Reformdiktate umsetzte. Was allerdings seiner Beliebtheit großen Schaden zugefügt hat. Syriza liegt seit eineinhalb Jahren stabil um wenigstens zehn Prozentpunkte hinter der konservativen Nea Dimokratia (ND).
Aber: Tsipras’ Chancen bei einer allfälligen Neuwahl (die Opposition probierte es schon mehrfach mit Misstrauenanträgen) sind besser, als sie aussehen. Zum einen hat sein Gegner, ND-Vorsitzender Kyriakos Mitsotakis, den Makel, eine Politikerfamilie zu vertreten, die für alte Sünden Griechenlands mitverantwortlich gemacht wird – Nepotismus, Korruption, verantwortungslose Haushaltspolitik.
Zum anderen präsentiert sich der gewiefte Taktiker als Modernisierer, der Griechenland aus der Herrschaft der Gläubiger geführt und in Europa Anerkennung für die Normalisierung mit Mazedonien geerntet hat. Tsipras lebt mit der IT-Ingenieurin Peristera Batziana zusammen, mit der er zwei Kinder hat.