Fragen an die Abgeordneten

Von Peter Filzmaier   24.September 2012

Das Parlament ist eine Versammlung von Volksvertretern, die Gesetze zur Regelung des Zusammenlebens beschließen und die Verwaltung vulgo Regierung kontrollieren soll. Unabhängig vom Begräbnis auf Raten für den Untersuchungsausschuss sieht die Realität in Österreich anders aus. National- und Bundesrat drohen zum Wurmfortsatz von Sekretariaten, Teilorganisationen und Ländergruppen der (Regierungs-)Parteien zu werden. Mit Ausnahme der Grünen, die eine andere Kultur haben, kann man den Abgeordneten viele Fragen nach dem Sinn ihres Lebens stellen: Seid ihr in eurem Selbstverständnis Treuhänder von Wählerinteressen oder Parteidelegierte? Wer kann im Brustton der Überzeugung verneinen, sich im Zweifelsfall dem Druck zu beugen, dass nur die Partei sichere Listenplätze für die nächste Wahl garantieren kann? Ist es nicht so, dass ihr mit steigendem Unbehagen viele Frustgefühle der Bevölkerung teilt, und zugunsten der parteilichen Nibelungentreue unterdrückt?

Seid ihr ein Arbeitsparlament, wo aus Gestaltungsideen Gesetze entstehen, oder ein Redeparlament, dessen Entscheidungen infolge der Regierungsvorlagen ohnedies feststehen? Genügt es, eine Arena darzustellen, in der die Wähler ritualisierten Wortgefechten zusehen?

Warum gibt es in Ministerien legislative Abteilungen, und im Parlament als Ort der Gesetzgebung nicht? Beschließt ihr das Budget und seid nicht in der Lage, euch für die eigene Arbeit anständige Ressourcen zu sichern? Wer hindert euch, wenigstens die Mittel für mehr persönliche Mitarbeiter zu erhöhen, und dafür die Förderung der Parteiklubs minimal zu kürzen?

Wer ist mächtiger, ein Klubsekretär oder ihr? Zählt eure Meinung oder jene des ländlichen Fürsten aus dem Heimatbundesland? Kommen nach Parteizentrale und Landesparteichef auch Interessen von Bünden, Kammern, Gewerk- oder gar Burschenschaft vor eurem Standpunkt?

Wie habt ihr euch gefühlt, als Kanzler und Vizekanzler via Pressekonferenz dem Nationalrat seine Verkleinerung vorschlugen? Falls da und in anderen Fällen die Stimmung schlecht war, warum unterwerft ihr euch gar so sklavisch dem Diktat einer medialen Sprachregelung? Lebt ihr untereinander sowie mit Parteikollegen in (früheren) Regierungsämtern eine Kameradschaft, dass man sich bei politischen und manchmal strafrechtlichen Untaten wider besseren Wissens die Mauer macht?

Die Parteiendemokratie hat Verdienste und niemand will euch als Haufen wildgewordener Einzelkämpfer, die populistisch die Mehrheitsmeinung ihres Wahlkreises bedienen. Ein solcher Totalumsturz wäre geradezu gefährlich. Doch es läge in eurer Hand, dass die parlamentarische Arbeitsgruppe Demokratiereform Ergebnisse bringt, die mit gemäßigten Veränderungen die Rolle des Parlaments und seiner Abgeordneten stärken. Werdet ihr diese Chance nutzen?

Peter Filzmaier, Politologe, analysiert regelmäßig das politische Geschehen in den OÖNachrichten.