Flipflops und andere Unfreundlichkeiten

Von Barbara Eidenberger   19.September 2017

Montag Abend war Bundeskanzler Christian Kern (SP) an der Reihe. Er diskutierte erst mit Ulrike Lunacek (Grüne), dann mit Matthias Strolz (Neos). Und die Duelle hätten nicht unterschiedlicher sein können. 

Das fing schon bei den Geschenken an, die sich die Kandidaten dem Konzept des Senders folgend zu Beginn überreichen müssen. Lunacek überreichte Kern einen Korb mit fair gehandelten Produkten (und dem Hinweis, dass es diese wohl schwerer hätten, wenn die Freihandelsabkommen umgesetzt werden) und Kern schenkte der grünen Kandidatin eine Fahrradklingel - in rot und grün. Kern: "Dabei wollte ich ja jede Anspielung in Sachen Koalition vermeiden." 

Keine Sorge, Herr Kern, die Klingel war dafür gar nicht notwendig. Denn über weite Strecken des Gesprächs herrschte Einigkeit und ein ausgesprochen gutes Gesprächsklima. Nur bei der Gretchenfrage für die SPÖ fragte Lunacek etwas deutlicher nach. Aber auch auf dieses "Wie hältst du es mit der FPÖ?" ließ sich Kern keine konkrete Aussage entlocken. 

Aber kein Zweifel: Da sprachen zwei miteinander, die miteinander können und - falls jemals rechnerisch möglich - auch miteinander wollen würden. 

Wenig Kuschel, viel Konfrontation

Ganz anders das Bild, dass die Konfrontation mit Matthias Strolz danach zeigte. Schon bei der Geschenkeübergabe kam die erste pinke Spitze: knallrote Badelatschen, genannt Flipflops. Eine Anspielung auf Kerns unterschiedliche Aussagen zu bestimmten Themen (auf englisch: flipflopping). Kern war da noch ganz auf Kuschelkurs und schenke Strolz - mit dem Verweis auf ein gemeinsames Fußballspiel - pinke Schienbeindeckel. 

Das war es aber dann mit Kuschel und das Ganze wurde überraschend konfrontativ, schon in den ersten fünf Minuten. 

Strolz: "Sie sind als Railjet gestartet, dann kamen viele Baustellen und es wurde ein Bummelzug daraus. Und jetzt ist das eher Schienenersatzverkehr." 

Damit - und mit vielen weiteren Spitzen - legte Strolz die Finger zielsicher auf die große Wunde im SPÖ-Wahlkampf: Den Sesselsägern aus den eigenen Reihen. Geradezu mit Genuss zeigte Strolz das Bild des gemeinsamen Interviews von Sebastian Kurz (VP) und Hans Peter Doskozil (SP). Und zitierte die Aussage von Doskozil, dass man alles tun müsse, damit die SPÖ an der Macht bleibe; und damit der Ansage von Kern, als Zweiter in Opposition zu gehen, eine Absage erteilte. 

Kern versuchte das unangenehme Thema beiseite zu schieben: "Herr Strolz reimt sich seine Welt, wie es ihm gefällt." Und wollte auf die Ebene der politischen Botschaften zurückkehren: "Wir wollen für Wohlstand sorgen." Zielsicher grätschte Strolz wieder hinein: "Wer ist wir in diesem Fall?" 

Und das innerhalb der ersten zehn Minuten. 

Jetzt wird's intensiv

In ähnlicher Tonart ging es weiter. Kern zeichnete die Neos als rücksichtslose Neoliberale, Strolz die SPÖ als machtversessene Altpartei. Und das in einem teilweise wirklich angriffigen Ton, den man von beiden so nicht kannte und den beide bisher auch nicht pflegten. Bis hin zu der Feststellung von Kern: "Ich wollte über Zukunftsfragen reden, aber ich stelle fest: Mit Ihnen kann man das nicht." 

Da war auch Moderatorin Corinna Milborn am Ende des Gesprächs überrascht: "Kuschelig war's nicht."

Dass die Neos und die SPÖ inhaltlich doch wenig miteinander zu tun haben, ist nicht die große Überraschung. Dass Strolz so sehr auf Angriff ging, ist ebenfalls nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Denn eigentlich muss der Neos-Frontmann genau diese Strategie verfolgen um in diesem Wahlkampf der "großen Drei" Gehör und Aufmerksamkeit zu erlangen. 

Wie bereits zuvor an dieser Stelle angemerkt: Der Wahlkampf dauert schon lange. Aber die Intensivphase, die startet jetzt so richtig.