Elefantenrunde: Der Kern'sche Gegenangriff

Von Barbara Eidenberger   02.Oktober 2017

Dieser war sichtlich gezeichnet, nervös und angespannt. Aber sein Motto war: Angriff ist die beste Verteidigung. Entsprechend offensiv ging Kern das Thema an  und sprach von notwendiger Aufklärung. Die von Ulrike Lunacek (Grüne) geforderte Entschuldigung kam ihm nicht über die Lippen. Sie hätte auch nicht in das Narrativ gepasst, dass ja eigentlich er - Kern - Opfer dieser Affäre ist. 

Dies unterstrich Kern, als er Sebastian Kurz (VP) einen Packen Papier auf den Tisch legte. Dies dürften gesammelte Postings der Facebook-Seite "Die Wahrheit über Christian Kern" gewesen sein, in denen Kern verächtlich gemacht wurde. Ganz nach dem Motto: Vielleicht erkennen Sie das ja. 

Eigentlich war die Affäre eine Steilvorlage für Kurz. Doch er verwandelte diese überraschend schlecht. Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass der "Maulwurf" aus der ÖVP kommt, kam eine sehr ausführliche Antwort, in der aber das entscheidende klare "Nein" fehlte. 

Gleiches Bild am Ende der Diskussion. Kern sprach von sich aus noch einmal das Thema Silberstein an. Und man wunderte sich. Denn eigentlich war zu Beginn vergleichsweise rasch keine Rede mehr davon, weil alle Kandidaten einforderten, man möge doch zu den Sachthemen kommen. Glück für Kern, so dachte man. 

Und dann brachte er selbst die Sache noch einmal aufs Tapet. Und zwar mit einer Selbstsicherheit und einem Funkeln in den Augen. Kern hielt Kurz vor, Insiderwissen zu haben: "Sie haben von einem Büro und zwölf Mitarbeitern gesprochen, das ist nirgendwo gestanden. Woher wissen Sie das?" Kurz reagierte überrascht, war aus dem Konzept gebracht. Es dauert einen Moment, bis er es schafft, den Ball zurück zur SPÖ zu spielen: "Sie haben Herrn Silberstein und seine Methoden nach Österreich geholt." 

Aber Kern hat damit sein Ziel erreicht: Die Frage ist nun nicht mehr nur "Wie konnte die SPÖ sich auf so eine Schmuddel-Kampagne einlassen?", sondern auch "Was hat die ÖVP damit zu tun?" 

Ein beliebtes Mittel einen Skandal von sich abzuwenden. Man suggeriert, dass ohnehin alle irgendwie Dreck am Stecken haben. Die Wähler denken dann "sind ja eh alle gleich" und der Skandal verliert an Schärfe. 

Ob die Taktik der SPÖ aufgeht, wird sich zeigen. Das wird auch davon abhängen, was noch bekannt wird und welche Interna noch ihren Weg in die Zeitungen finden werden. Kern machte gestern auf jeden Fall klar: Aufgegeben habe ich noch nicht. 

Löblich. Aber eines ist auch klar: Es geht eher noch um die Frage Zweiter oder Dritter. Das Thema Platz eins ist gelaufen.