65 Leberkässemmeln zuviel

Von Philipp Braun   01.Juli 2018

65 Kilogramm Fleisch isst der Österreicher im Durchschnitt pro Jahr. Das entspricht ungefähr dem gleichen Anteil wie vor 20 Jahren. Aber es ist dennoch zuviel, bemerkt Martin Schlatzer von der Universität für Bodenkultur (BOKU). Der Wissenschafter war auf Einladung des Koch.Campus, ein Verein der Köche und Produzenten vernetzen will, im Mühltalhof eingeladen, um über Biolandwirtschaft in Österreich, Machbarkeit und Auswirkungen, zu referieren.

"23 Kilogramm wären ideal. Aus gesundheitlicher und ökologischer Sicht", argumentiert Schlatzer. Gemeinsam mit Thomas Lindenthal zeigten die beiden in einer Studie auf, dass "eine flächendeckende Umstellung auf biologische Landwirtschaft die Nahrungsmittelversorgung der österreichischen Bevölkerung sicherstellen kann. Wenn entweder die vermeidbaren Lebensmittelabfälle um 25 Prozent, oder der Fleischkonsum um zehn Prozent reduziert wird."

Die biologische Zukunft

Nun sind die Vorteile einer biologischen Landwirtschaft evident. Laut Lindenthal kann Bio eine wichtige und wirkungsvolle Antwort auf die zukünftigen Probleme wie Klimawandel, Erosion, Biodiversitätverlust, Wasserverbrauch, Verschmutzung oder soziale Ungleichheiten geben und entscheidend für die langfristige Ernährungssicherung Österreichs sein. "Eine Umstellung auf 100 Prozent Biolandbau in Österreich ist ein bedeutender Beitrag für die nachhaltige Entwicklung in Österreich  – ökologisch, ökonomisch und sozial", sagt Lindenthal.

Doch dazu müssten eben der Fleischkonsum reduziert werde. Zehn Prozent reichen aus, auch wenn zwei Drittel weniger Fleisch optimal wäre. Das wären 65 Leberkässemmeln im Jahr. Oder ein paar Schweinsbraten unter der Woche weniger. Oder man greift statt ein paar Schnitzeln lieber zu Gemüse, Getreide oder Obst und stellt seine Ernährungs- und Konsumgewohnheiten um.

Von der Wurzel bis zur Blüte

Dass damit nicht unbedingt ein Verzicht an Genuss einhergeht, zeigen bereits viele Spitzenköche. René Redzepi, internationale kulinarische Ausnahmeerscheinung des letzten Jahrzehnts, bietet zum Beispiel im Restaurant Noma vom 26. Juni bis 15. September ausschließlich vegetarische Gerichte an. Paul Ivic, mehrfach ausgezeichneter Koch, bespielt das Wiener Restaurant gleich das ganze Jahr über mit fleischlosen Gerichten. Und eine Auswahl an oberösterreichischen Spitzenköchen zeigt, wie köstlich Gemüse als Hauptgang schmecken kann – mehr dazu hier

Dass eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, argumentiert Schlatzer folgendermaßen: "Österreich importiert pro Jahr mehr als eine halbe Million Tonnen an gentechnisch verändertem Soja aus Brasilien, Argentinien und den USA. Gerade diese sogenannte Eiweißlücke könnte in einem biologischen sowie stark fleischreduzierten Szenario vermindert oder geschlossen werden."