"Das kann man nicht kaufen"

Von Philipp Braun   12.Juli 2018

Apfelschlangerl sind so ein Beispiel. Linseneintopf besitzt auch diese Qualitäten. Oder Sugo, welches manchmal animalisch gebaggert wird.

Ich bin durch einen älteren Bruder im kulinarischen Nahkampf geübt. Aber ich bekam immer nur Krümel und musste die Contenance bewahren. Von der Kindheit geprägt, lächelte ich mit der Gelassenheit eines Mönchs, wenn Gourmands ihr Futter verschlangen – bis vergangene Woche: Eine Freundin, nennen wir sie Elisabeth J., brachte neulich zeitig in der Früh frisch gebackenen Marillenkuchen vorbei. Meine Freundin warnte mich ausdrücklich. "Das kann man nicht kaufen", erzählte sie und verschluckte voller Aufregung neben den Wörtern bereits das erste Stück.

Tatsächlich habe ich schon viele Marillenkuchen probiert. Von picksüß, artifiziell aufgeblasen, nicht essbar, bis zu den äußerst köstlichen Gleichgewichtskuchen mit Mandelsplittern aus der Kindheit. Aber diese Mehlspeise veränderte meine Bescheidenheit.

Ich vergaß Gabel und Kinderstube und schob mir innerhalb kurzer Zeit zwei kolossale Marillenziegel in den Mund. Die Süße und Säure der Marillen verschmolz mit dem Teig zu einer luftigen Konsistenz. Der Kuchen strotzte voller Saftigkeit, behielt dennoch die Form und zeichnete sich weiters durch eine knusprige Oberfläche aus. So begehrlich ich nach dem Kuchen war, so gierig war ich auch auf das Rezept. "Ganz einfach: Eier muss man nicht trennen", erzählte mir Elisabeth. "30 dag weiche Butter, 25 dag Staubzucker schaumig rühren, Saft einer Zitrone dazu, nach und nach fünf Eier dazurühren. Dann 30 dag glattes Mehl. Jeweils ein Packerl Backpulver und Vanillezucker. Gut verrühren. Aufs Backblech. Marillen drauf und 50 Minuten bei 170 Grad Ober/Unterhitze backen. Fertig."

Die Kolumne schreiben abwechselnd Karin Haas und Philipp Braun, das Genussteam der OÖNachrichten.