Schmutzkübel und Bumerang

Von Martina Mara   07.Oktober 2017

Insbesondere Folgendes: George W. Bush hatte vor der Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 einen TV-Spot gelauncht, in dem Bilder des Demokraten Al Gore für einen Sekundenbruchteil groß mit der Buchstabenfolge "rats" ("Ratten") überblendet wurden, bevor sich schließlich das volle Wort "bureaucrats" ("Bürokraten") daraus ergab. Ein höchstwahrscheinlich absichtlicher, jedenfalls schnell aufgedeckter Versuch, den Konkurrenten mit umstrittenen Methoden subliminaler Publikumsmanipulation zu besudeln. Arg, in Österreich aber wohl kaum von Relevanz, dachte ich damals.

Es ist anzunehmen, dass das auch gegenwärtig noch zutrifft. Hierzulande sind wir nämlich längst in einer ganz anderen Liga angekommen, Stichwort Schlaghammer. Bundeskanzlerkandidaten verhöhnen sich wahlweise als Prinzessin oder Pinocchio, auf dubiosen Facebook-Seiten wird übelste Propaganda betrieben, jeder wirft dem anderen stets noch dunklere Machenschaften vor und der Boulevard tanzt grinsend auf dem sich drehenden Zirkusball.

Dabei frage ich mich, ob die Politikberater, deren Namen seit Tagen durch die Medien geistern, auch jemals in einschlägigen Uni-Seminaren saßen. Wäre dem so, sollten sie wissen, dass Schmutzkübelkampagnen, wie sie in Österreich so schön heißen, häufig eben nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien zeigt, dass das "Anpatzen" politischer Gegner zwar dabei hilft, öffentliche Aufmerksamkeit schnell von einem ungeliebten Trendthema abzuziehen, dass es gleichzeitig aber zu Bumerang-Effekten kommen kann, die am Ende den Initiator unsympathisch dastehen lassen. Das war bei Bush so, der seinen "rats"-Clip schnell wieder aus dem Programm nahm, und ist spätestens seit vergangener Woche auch bei mehreren österreichischen Spitzenpolitikern so.

Mit Werbestrategien, die zunehmend auf dem Attackieren anderer beruhen, werden Parteien über kurz oder lang aber noch einen viel schlimmeren Bumerang-Effekt erleben: Bürgerinnen und Bürger ärgern sich mehr und mehr, trauen der Politik keine Umsetzungskraft mehr zu, werden gleichgültig und wenden sich – Peter Filzmaier warnte erst kürzlich im ORF davor – schlussendlich sogar vom demokratischen Modell ab. So weit darf es nicht kommen. Deshalb ein Vorschlag: Nutzen Sie die verbleibende Woche bis zur Nationalratswahl, um die Zukunftsprogramme der werbenden Parteien auf drei Themen, die Ihnen persönlich besonders wichtig sind, hin zu untersuchen. Und nehmen Sie sich vor, wählen zu gehen. Trotz allen Unmuts.

Martina Mara ist Medienpsychologin und forscht am Ars Electronica Futurelab zur Mensch-Roboter- Beziehung. Twitter: @MartinaMara