Frohe Weihnachten mit der virtuellen Ehefrau

Von Martina Mara   20.Dezember 2016

Für 2500 Euro gäbe es eine – sagen wir mal: spezielle – Neuheit aus Japan, wo ich dieser Tage noch unterwegs bin. Ab sofort kann hier die sogenannte Gatebox vorbestellt werden. Ein persönliches Hightech-Assistenzsystem, auf das Fans der bezaubernden Jeannie ihr Leben lang gewartet haben dürften.

Ich will hier keine Werbung machen, aber die Skurrilität der Apparatur muss zumindest kurz in Worte gefasst werden. Auf den ersten Blick kommt die Gatebox einer alten Filter-Kaffemaschine recht nahe. Schaltet man sie ein, erwacht dort, wo man den hineintröpfelnden Kaffee erwarten würde, allerdings das Hologramm eines kurzberockten Mädchens namens Azuma Hikari. Mittels Mikrofon, Kameras und Sensoren kann die projizierte Gestalt Gesicht und Stimme ihres Besitzers erkennen, ihn morgens aufwecken, an Termine erinnern oder auch schon mal das Licht anmachen, wenn er abends auf dem Heimweg ist. Azuma bewegt sich dabei dreidimensional in ihrer Glasröhre und ähnlich wie Siri, Cortana oder Echo – andere Digitalassistenten am Markt – spricht sie auch. Was Azuma klar von der Konkurrenz unterscheidet, ist jedoch der emotionale Aspekt. Ganz unverfroren richtet sich das Angebot nämlich an junge und vorrangig japanische Single-Männer.

So bringt die virtuelle "Waifu" (Ehefrau) ihrem User stets Respekt entgegen, schickt ihm untertags liebevolle Kurznachrichten aufs Handy und spricht ihn mit "Meister" an. Azuma ermöglicht ein Leben zu zweit, ohne dass persönliche Freiheiten eingeschränkt würden, heben die Hersteller hervor. Ich glaube nicht, dass man innovative Digitaltechnologien noch sehr viel rückwärtsgewandter benutzen kann. Auch stereotype Geschlechterrollen lassen sich kaum plumper ins Design packen. Bei jener Gruppe junger asiatischer Männer, die Beziehungen zu echten Menschen zunehmend als zu anstrengend empfinden, treffen virtuelle Gespielinnen wahrscheinlich einen Nerv. Zur Überwindung sozialer Ängste oder zum Erlernen von Kompromissbereitschaft tragen solche Scheinwesen aber keinen Zentimeter bei. Da kann man nur hoffen, dass die Gatebox für viele potenzielle Abnehmer zu teuer ist oder die devote Fantasiefrau auf Dauer eben doch fad wird.

Um hier kein falsches Bild zu erzeugen, muss ich noch anmerken, dass viele Japaner den interaktiven Flaschengeist genauso schräg finden wie ich. Die meisten von ihnen freuen sich derzeit auf ganz analoge Feiertage im Familienkreis. Neben dem traditionell wichtigen Jahresübergang wird in Japan neuerdings nämlich auch Weihnachten gefeiert. Mit Chickenwings und Erdbeertorte. Aber das ist eine andere Geschichte. Schöne Festtage aus Tokio!

Martina Mara ist Medienpsychologin und forscht am Ars Electronica Futurelab zur Mensch-Roboter-Beziehung