Pregarten: Voneinander lernen

Von Tobias Hagleitner   27.Februar 2016

Architekt Christoph Karl und Bürgermeister Anton Scheuwimmer führen durch das Bildungszentrum in Pregarten. Eigentlich sind es fünf Hausteile, die entlang der Mittelerschließung wie an einer Kette aufgefädelt sind, abwechselnd nach Ost und West ins Gelände greifend. Komplett neu sind die drei nördlichen "Kettenglieder" für Polytechnikum und Neue Mittelschule mitsamt Schulküche und Sonderräumen. Der Bestand der alten Schule, Werkstätten- und Sportbereich mit Schwimmhalle wurden umgebaut und in die Gesamtstruktur integriert.

Stadtbibliothek und Volkshochschule wurden außerdem ins Haus geholt. Die Funktionen sind für die außerschulische Öffentlichkeit gut zugänglich. Das Konzept der Öffnung entspricht dem Anspruch, mehr zu sein als Schule – es ist ein "Bildungszentrum" für die kleine Stadt. Eine besondere Errungenschaft ist in diesem Sinn die Vereinigung von Poly und Mittelschule unter einem Dach. Das bringt praktische Nutzungsüberschneidungen und ermöglicht schulübergreifende Kooperation und Projekte mit positiver Außenwirkung. Wie ist es gelungen, so viel Unterschiedliches in ein Ganzes zu fassen? Durch viele Diskussionen, Gespräche und Überzeugungsarbeit, wie Bürgermeister und Architekt zu berichten wissen.

Schule als Marktplatz

Das braucht Zeit, erfordert die Bereitschaft, sich mit verschiedenen Ideen und neuartigen Lösungen auseinanderzusetzen. Die Architektur ist gerade nach denselben Prinzipien entstanden, wie moderne Schulbildung funktionieren soll: Wissen wird nicht mehr nur im Frontalunterricht von "oben nach unten" vermittelt, sondern die Kinder lernen auch durch den Austausch untereinander, sollen sich mit ihren Interessen und Fähigkeiten aktiv in den Bildungsprozess einbringen. Das braucht Raum für Gespräch und Begegnung, Architektur, in der sich Forschungsgeist und Neugier entfalten können.

Pregarten: Voneinander lernen
Blick in das Atrium und auf die Pausenterrasse

Das schaffen die sogenannten Cluster. Die insgesamt 24 Klassen sind um offene Gemeinschaftsflächen angelegt, wie Häuser um einen Marktplatz. So ergibt sich Freiraum zum Lernen, für Gruppenarbeit und Recherche, der auch als Konferenzraum oder für kleine Veranstaltungen dient. Mit Atrien oder Terrasse in der Mitte haben die fünf Cluster zusätzlich eine attraktive Erweiterung nach draußen. Ganz in Lärche gekleidet dient das zur Belichtung, als Pausenhof oder für den Unterricht im Freien und sorgt für Transparenz und lockere Atmosphäre.

Es geschieht nicht aus Höflichkeit, dass Architekt und Bürgermeister während ihrer Erläuterungen immer wieder die Leistung ihres Gegenübers und aller anderen Beteiligten hervorheben. Es ist sichtbar, dass hier kooperativ und mit Respekt füreinander am bestmöglichen Ergebnis gearbeitet wurde.

Am Beispiel lernen

Das betrifft nicht nur Architektenteam und Stadtgemeinde, sondern bei der Vielfalt des Projekts eine Menge unterschiedlicher Akteure, die im Entstehungsprozess involviert waren: die Beamten des Landes mit Kostenzielen und rechtlichen Rahmenbedingungen, Lehrpersonal, Schulkinder und Eltern mit pädagogischen Wünschen, die Gemeinde mit Vorstellungen für die soziale und lebensräumliche Entwicklung des Ortes, die Verantwortlichen für die Planung und Umsetzung, die all die Anliegen in ein ästhetisch, technisch wie ökonomisch erfreuliches Bauwerk zu verwandeln hatten.

Wer um 1850 Euro pro Quadratmeter Schulraum baut, der nicht komplett danebengeht, hat schon ein kleines Wunder vollbracht. Wenn es wie hier gelingt, um diese Kostenvorgabe des Landes einen außerordentlichen Schulbau zu entwickeln, verdient wirklich Anerkennung und darf als Vorbild angesehen werden. Dort und da hat der enge Finanzrahmen Kompromisse nötig gemacht. Viel davon wurde von den Architekten abgefedert.

Sie brachten mit dem Statiker ein industrielles Bausystem zur Anwendung, das eine besonders rationelle Konstruktion erlaubte, oder entwarfen eigens leistbare Möbel. Es ist ihnen gelungen, die erzwungene Einfachheit zum Stil zu machen. Am ehesten anzusehen ist der Sparstift dem Außenraum, der im Wesentlichen aus viel Asphalt und etwas Rasen besteht.

 

Daten und Fakten

Objekt: Bildungszentrum Pregarten
Bauherr: Verein zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde Pregarten
Architektur: Karl und Bremhorst Architekten, Wien
Landschaftsarchitektur: Christian Müller-Ferschel, Linz
Fachplanung:
Statik: Heintzel Steinbichl & Partner, Linz;
Haustechnik und Elektro: E-lite Techn. Engineering, Linz;
Bauphysik: Bauklimatik, Wien;
Kunst am Bau: Lorenz Estermann
Wettbewerb: 2010
Ausführung: August 2012 bis August 2014
Baukosten: rund 16 Millionen Euro
Bauweise: STB-Skelettbau;
Fassade: Vollwärmeschutz, weiß verputzt (Höfe: Lärche);
Fenster: Holz;
Böden: Naturstein, Holz;
Projektvorbereitung: ÖISS (Österreichisches Institut für Schul- und Sportstättenbau)
Projektsteuerung: ARGE Neue Heimat und WSG als Totalunternehmer