Die fabelhaften Fünfziger

Von Tobias Hagleitner   26.September 2015

Nicht alles, was das vergangene Jahrhundert an Architektur hervorgebracht hat, wird gleichermaßen geschätzt. Manchmal braucht es etwas Abstand. Die Qualitäten der sogenannten Nachkriegsmoderne, also der Architektur der Wiederaufbauphase ab 1945 werden gerade erst wieder entdeckt. In der Zwischenzeit ist vieles verloren gegangen. Teils wurden Gebäude durch unkundige Renovierungen entstellt, teils einfach abgerissen ohne Verständnis für deren kulturellen Wert. Noch in jüngster Vergangenheit gibt es traurige Beispiele dafür: der elegante Pavillonbau der „Milchbar“ im Volksgarten, der 2010 dem Musiktheater weichen musste oder das ehemalige Parkhotel (später Volkshochschule) von Artur Perotti und Gottfried Zellinger in der Coulinstraße, das im selben Jahr abgerissen wurde.

Höchste Zeit also, dass die Bauten der späten 40er und 50er Jahre mehr Wertschätzung und Interesse bekommen. Schließlich sind sie „besser als ihr Ruf“, wie Architekturkritiker Friedrich Achleitner das treffend formulierte. Es sind Gebäude, die meist unter Zeitdruck, mit knappen finanziellen Mitteln und beschränkten Material-Ressourcen errichtet wurden. Die Bedingungen waren schlecht, die Qualität der Umsetzung allerdings bestmöglich. Architekten wie Handwerker arbeiteten materialgerecht, mit solidem Bauwissen in allen Belangen. Robust konstruiert und schlicht in der Gesamterscheinung überraschen die Häuser durch Eleganz im Detail und durch fein gearbeitete, vielgestaltige Oberflächen.

Vor allem öffentliche Bauten wurden durch „Kunst am Bau“ aufgewertet, mit Reliefs, Sgraffiti, Malereien oder kunstvollen Schriften versehen. Zu verdanken ist das nicht zuletzt Architekt Fritz Fanta, der von 1938 bis 1943 und wieder von 1945 bis 1971 Leiter des Entwurfsamts in Linz war. Er setzte sich im Magistrat für die Einrichtung einer eigenen Haushaltsstelle zur künstlerischen Ausgestaltung von städtischen Bauvorhaben ein. Seine weitsichtige wie zurückhaltende Planungsarbeit prägt das Stadtbild bis heute: Etwa in der Altstadt, mit deren Sanierung er beaufragt war (mit dem malerischen Aufgang vom Tummelplatz zum Schloss), am Südbahnhofmarkt, dessen bis heute beliebte und funktionierende Anlage er konzipierte oder im Dörfl am Römerberg, wo das Egon-Hofmann-Haus nach seinen Plänen errichtet wurde – seit knapp 60 Jahren als Atelierhaus beinah unverändert in Betrieb.

 

Veranstaltungshinweis: Freitag, 2. Oktober, 16 Uhr: Stadtführung „Linz in den 1950ern“ – Andrea Bina und Gabriele Kaiser begeben sich auf die architektonischen Spuren der Nachkriegszeit. Dauer 2 Stunden, Treffpunkt: NORDICO Stadtmuseum. Anmeldung erbeten: T 0732 7070 (Teleservice Center der Stadt Linz)