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"Wie wäre es mit einer Zukunftskonferenz?"

10. Februar 2016, 13:12 Uhr
clemens sedmak
Clemens Sedmak, Theologe, Philosoph Bild: (SCANPIX NORWAY)

Clemens Sedmak, Theologe

58.Die Freiheit des Menschen besteht nach dem englischen Philosophen John Locke darin, stehen zu bleiben und über den nächsten Schritt nachzudenken. Es kann gut sein, still zu stehen; es kann geradezu überlebenswichtig sein. Freilich, nicht gemeint ist Stillstand aus Angst, Verwirrung oder Trägheit. Dies hat weniger mit Freiheit als mit selbstauferlegter Einschränkung zu tun. Oder auch mit selbst verschuldeter Unmündigkeit.  

Stillstand in Österreich? Ich sehe die Angst vor Veränderung – Pensionssystem und intergenerationelle Gerechtigkeit, Schuldenberg und Kostenwahrheit, Migration und kulturelle Transformationen, ökologische Herausforderungen. Es wird nicht so bleiben können; und es wird nicht mehr so sein wie zuvor. Die Frage des Zuzugs wird nicht abreißen, und die Schulden werden nicht schmelzen. Politische Antworten, die eine langfristige Perspektive im Auge haben, bleiben weitgehend aus. Orientierungslosigkeit schürt Angst, und Angst ist keine kluge Ratgeberin in Zeiten des Wandels.

Vor allem aber gibt es eine Bequemlichkeit – ein Leugnen des Handlungsdrucks wie die Illusion, in den Komfortzonen bleiben zu können. Christopher Clark hat mit seinem Werk über den Ersten Weltkrieg, „Schlafwandler“, den Nagel auf den Kopf getroffen. Schlafwandelnd wurde in den Krieg getaumelt. Derzeit sind wir nicht schlafwandelnd, sondern schlafstehend. Schlafstehend wie die Menschen, die auf der Titanic gefeiert haben, während das Schiff schon längst mit dem Eisberg kollidiert war und unten hektisch im Maschinenraum geschuftet wurde. Nur: Ich sehe niemanden im Maschinenraum.

Papst Franziskus spricht von einer oberflächlichen Umweltpolitik, die von einer „Schläfrigkeit und leichtfertigen Verantwortungslosigkeit“ gekennzeichnet sei. Kann man es anders nennen, wenn längst fällige Reformen nicht durchgeführt und Wahrheiten, etwa über den Zustand der Umwelt oder des Staatshaushalts, nicht zur Kenntnis genommen werden? Selbstgefälligkeit und fröhlicher Leichtsinn. Was tun? Wie aus dem Stillstand herauskommen? Wenn nicht durch böses Erwachen – am ehesten durch Ernüchterung, Zielsicherheit und Anstoß.

Ernüchterung: Ruhige Analyse dessen, was ist. Auch den unangenehmen Kostenwahrheiten in die Augen schauen. Es ist Ausdruck geistiger Gesundheit, sich der Realität zu stellen. Österreich könnte besonnen geführte öffentliche Diskussionen über heikle Themen brauchen. Hier wären Stimmen einzuholen; vor allem auch die Stimmen derjenigen, die täglich mit bestimmten Lebensrealitäten konfrontiert sind.

Jared Diamond hat untersucht, warum Gesellschaften gescheitert sind: weil sie sich nicht den Herausforderungen gestellt und die Realität verweigert haben; und das wiederum deswegen, weil sich entscheidungsmachende Eliten von den Lebenswirklichkeiten entfernt haben. Deswegen mein Plädoyer, diejenigen einzubinden, die „im Maschinenraum“ schuften.

Zielsicherheit: Wohin soll die Reise gehen? Welches „Telos“ wollen wir verfolgen? Wozu dient Wirtschaft, wozu Politik, wozu Wohlstand? Geht es darum, Komfortzonen zu verteidigen?

Anstoß: Ein Vorschlag: Wie wäre es, wenn wir junge Menschen, die das Leben vor sich haben, und Menschen, die alters- oder krankheitsbedingt am Ende stehen, zu einer Zukunftskonferenz zusammenbringen, um Prioritäten festzusetzen? Denn darum wird es gehen müssen: Prioritäten setzen. Wir müssen, um mit John Locke zu sprechen, das Stehenbleiben nutzen, um den ersten vom zweiten und den nächsten vom übernächsten Schritt zu unterscheiden.

 

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