"Schlüssel liegt bei uns"
Gerhart Holzinger, Präsident Verfassungsgerichtshof
56. Wenn wir in der globalisierten Welt so gut bestehen wollen, wie in den vergangenen Jahrzehnten, müssen wir manches ändern. Vor allem staatliche Strukturen. Zurzeit leisten wir uns ein System, das in vielfacher Hinsicht ineffizient ist. Das betrifft vor allem das Verhältnis von Bund und Ländern. Hier gibt es Parallelstrukturen, Doppelgleisigkeiten und Kompetenzüberschneidungen, ebenso wie intransparente Finanzströme. Sie betreffen staatsfinanziell wichtige Bereiche, wie das Bildungs-, Gesundheits- und Krankenanstaltenwesen, Soziales und staatliche Förderungen.
Der Reformbedarf ist seit Langem bekannt und unbestritten. Geschehen ist wenig. Reformbemühungen enden im machtpolitischen Patt zwischen Bund und Ländern. Es ist müßig, Stillstand und Reformverweigerung „der Politik“ zu beklagen. Der Schlüssel liegt bei uns Wählern. Nur wenn wir es wollen, wird sich etwas ändern. Nur wenn wir bereit sind, über den Tellerrand unserer Interessen zu blicken und Reformen – inklusive Einschnitte – einzufordern, gelingen sie. Solange wir mit unserer Stimme politischen Machterhalt honorieren, statt Gestaltungswillen einzufordern, wird sich nichts ändern.