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"Ich hätte mich gerne davongemacht"

Von Helmut Atteneder, 28. Februar 2019, 00:04 Uhr
"Ich hätte mich gerne davongemacht"
"Mein Leben war erfüllt, aber bestimmt nicht nur mit Glanz und Gloria." Bild: APA/HANS PUNZ

Die Schauspielerin, Sängerin und Autorin Erika Pluhar wird morgen 80 Jahre alt

Was nicht alles in ein erfülltes Leben passt. Erika Pluhar begeisterte an der Burg, faszinierte als Sängerin und überraschte als Autorin. Privat hat sie viel einstecken müssen. Den Tod ihrer einzigen Tochter, gescheiterte Ehen mit Udo Proksch und André Heller und den Suizid ihres Lebensgefährten Peter Vogel. Zu ihrem 80er schaut Erika Pluhar dennoch ohne Verbitterung zurück.

 

OÖNachrichten: "Es war einmal, und es war einmal schön" – lassen Sie diese Textzeile als Klammer zu Ihrem 80. Geburtstag am 28. Februar gelten?

Erika Pluhar: Dieses Lied geht mir so auf die Nerven, aber es gefällt allen so gut. Ich bin kein Mensch, der sagt, alles, was früher war, war schön. Es war nicht alles schön, und ich bin überhaupt jetzt im Alter zu dem Schluss gekommen, dass es wesentlich ist, dass man die Gegenwart hochhält. Ich bin kein so vergangenheitssüchtiger Mensch. Außerdem hat mir das Leben ordentlich eingeschenkt, es war absolut nicht alles schön. Ich musste schwere Verluste erleiden und überleben. Mein Leben war erfüllt, aber bestimmt nicht nur mit Glanz und Gloria.

Sie haben den Zweiten Weltkrieg erlebt, waren nach dem Krieg in Pfaffstätt im Innviertel – woran erinnern Sie sich noch?

Die Bombardierung Wiens, als alles in Trümmern lag – das habe ich als Kind gesehen. Wenn ich heute eine Sirene höre, jagt mir das immer noch einen unerhörten Schrecken ein. Wir wurden nach Pfaffstätt evakuiert, für etwa ein Jahr. Dort hat sich in der Natur meine Kinderseele wieder ein bisschen beruhigt. In Wien bin ich dann wieder gern in die Schule gegangen, und ich hatte genug Potenzial dafür, mir Leben zu erfinden. Der Reichtum des Kreativen war mir als Kind sehr wichtig.

An der Burg waren Sie vier Jahrzehnte lang ein Star – dann kam Claus Peymann. Warum hat er Sie so wenig besetzt?

Der Peymann ist egal. Ich war damals 60, und mir war nicht mehr lieb, Rollen zu spielen. Das ist eine so simple Erklärung, die niemand so richtig verstehen will. Ich erinnere mich sehr, sehr gerne und genau an meinen 60. Geburtstag, als ich Gorkis "Kinder der Sonne" gespielt und mich danach vom Publikum verabschiedet habe. Und damit war’s das.

Sie haben viel aushalten müssen, unter anderem den Tod Ihrer einzigen Tochter, Anna, die 1999 mit 37 Jahren nach einem Asthmaanfall gestorben ist. Wie haben Sie diesen Verlust ertragen können?

Mein Enkelsohn war damals 15 Jahre und hatte nur mich. Damit hatte ich auch die Verpflichtung, am Leben zu bleiben. Gerne habe ich es am Anfang nicht getan – am Leben zu bleiben. Ich hätte mich ganz gerne davongemacht. Und wie das halt so ist mit unserem Menschenleben – es greift wieder nach einem. Dann sieht man, wie es wieder Frühling wird. Man wird wieder fröhlich. Ich bin sehr dafür, dass man lebendig weiterlebt. Es gibt bei Grönemeyer den schönen Satz "Ich trag dich bei mir, bis der Vorhang fällt". So mache ich es auch bei meiner Anna.

Untrennbar mit Ihnen verbunden sind auch Ihre Männer, Udo Proksch, André Heller und Peter Vogel. Wie war das mit der Liebe und der Pluhar?

Udo Proksch war der Vater meiner einzigen Tochter, und ich war immer solidarisch, was ihn betrifft. Ich habe ihn im Gefängnis besucht und habe seine Schuld oder Unschuld nie mit ihm diskutiert. Er musste bezahlen, wie auch immer. In meinem Roman "Anna, eine Kindheit" habe ich, glaube ich, geschafft, ihn in keiner Weise zu beschönigen und trotzdem klarzumachen, wie sehr sie ihren Vater geliebt hat. Der Heller war der Heller, wir sind auch nach wie vor befreundet. Peter Vogel hat sich leider den Tod gegeben, weil er wusste, dass er sich aus seiner Suchtkrankheit nicht befreien kann.

Viele Menschen mögen Sie. Warum eigentlich?

Na, na, na, da muss ich Ihnen sehr widersprechen. Als meine Tochter starb, habe ich viele anonyme Briefe bekommen, in denen stand: Es g’schieht Ihnen schon recht, Frau Pluhar, dass Ihre Tochter gestorben ist, weil Sie sind ja gegen den Jörg Haider. Die Populisten haben mich bei Gott nicht lieb. Aber ich habe das starke Gefühl, dass ich Menschen gern haben kann. Vielleicht liegt es daran, dass man weiß, woran man bei mir ist.

Zu Ihnen gehört auch diese wunderbare, markante Stimme. Haben Sie viel geraucht?

Meine Mutter hat immer erzählt, dass man mich schon in der Klinik unter all den brüllenden Babys mit meiner tiefen Stimme herausgehört hat. Natürlich greife ich ab und zu zur Zigarette, aber ich bin keine Raucherin.

Sie selbst haben sich immer gegen Rechtsextremismus eingesetzt, warum ist das gerade jetzt so wichtig?

Mein Öffentlich-Sein ist mir als eine Art Verantwortung bewusst geworden. Ich drehe mich nicht nach irgendeinem Wind, der gerade weht, und will nicht opportunistisch sein. Ich will kein Liebkind sein, sondern ehrlich. Die derzeitige politische Lage im Land betrübt mich sehr. Mein Herz schlägt links. Ich bin 1939 geboren, ich habe den Krieg sehr traumatisch erlebt, und ich habe erlebt, dass mein Land ein schön funktionierender Sozialstaat mit höchster Lebensqualität geworden ist. Dass wir jetzt zu den Visegrad-Staaten gezählt werden, tut mir zutiefst weh.

Man soll Politiker an ihren Taten messen, aber gewählt wurden sie von den Bürgern.

Ja, und ohne das Thema Migration hätten sie es nie geschafft. Man hat den Menschen Angst gemacht. Nichts ist leichter als das. Es sieht auf Erden im Moment betrüblich aus. Dass wir mit einem Kalten Krieg rechnen müssen – da dachten wir wirklich, dass es aus der Welt ist. Dazu kommt unsere verletzte Erde. Ich lebe jetzt mehr denn je mit dem Begriff "trotzdem". Mit der Hoffnung, dass die Menschheit es trotzdem wieder schafft.

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Autor
Helmut Atteneder
Redakteur Kultur
Helmut Atteneder
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