Es beginnt mit hemmungsloser Geldgier und endet missionarisch

Von Helmut Atteneder   25.Februar 2019

Der Wiener Autor Marc Elsberg weiß, wie man Thriller schreibt. Er weiß beim Leser eine besondere Art der Buchbindung, ein Abhängigkeitsverhältnis aus Spannungsgründen zu erzeugen. 2012 gelang dem 52-Jährigen mit "Blackout" der internationale Durchbruch. 1,5 Millionen Menschen lasen den Energie-Thriller, der in 15 Sprachen erschienen ist.

Am Montag erscheint mit "Gier" die aktuelle Arbeit des Autors, dem ein ökonomisches Thema im Spannungsfeld zwischen geldgierigen Heuschrecken und Gutmenschentum zugrunde liegt. Also: Die Welt erlebt gerade einen neue umspannende Wirtschaftskrise. Banken, Unternehmen, Staaten stehen vor dem Bankrott. Italien will aus der EU und dem Euro austreten. In Berlin treffen sich Politiker und Wirtschaftsbonzen, um sich zu beratschlagen. Letztere vor allem mit dem Ziel, Kapital aus dem Untergang zu schlagen.

In all dem Trubel ist Nobelpreisträger Herbert Thompson gerade auf dem Weg zu einer Rede, in der er seine bahnbrechenden Theorien einer neuen Wirtschaftslehre präsentieren will. Mittels einer simplen "Bauernfabel" soll das gelingen. Die inhaltliche Revolution: Wer gierig ist, teilt, denn Kooperation und nicht die Gier des Einzelnen steigern die Gewinne.

Dunkle Wirtschaftsmächte nehmen die Bedrohung dieser Theorie ernst. Folgerichtig kommt Thompson nie beim Rednerpult an. Er stirbt bei einem Autounfall. Der junge Jan Wuttke wird Augenzeuge und von einem sterbenden Mitfahrer schnappt er noch zwei, drei Namen auf. Diese letzten Wortfetzen lassen ihn nicht mehr los. Er flüchtet vor der Polizei und den kleiderschrankähnlichen Todeskommanden der Bonzen. Er macht die beiden ausfindig, treibt auch noch die verschollen geglaubten Unterlagen für die "Bauernfabel" auf. Das Trio ist ständig auf der Flucht und in unzählige Abenteuerlichkeiten verwickelt.

Zum Schluss wird es missionarisch. Viele Seiten lang dürfen sich das ausufernd herausgearbeitete Gut und Böse aneinander abreiben. Auch Jesus wird zitiert. Marc Elsberg hat einen inhaltlich fundierten, spannungsgetriebenen Wirtschaftsroman geschrieben, wobei der "Theorieteil" nicht homogen in die Handlung eingebettet ist.

Es beginnt mit hemmungsloser Geldgier und endet missionarisch

"Gier": Thriller von Marc Elsberg, Verlag Blanvalet, 448 Seiten, 24,70 Euro.

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