Eine Göttin von Schönheit und Sünde

11.Februar 2019

Er zog sich aus, ahmte die Position der Venus nach, kniete sich hin und streute Rosenblätter. Es war schon ein kleiner Skandal, als sich ein junger Spanier vor fünf Jahren in den Uffizien in Florenz vor Sandro Botticellis Meisterwerk "Die Geburt der Venus" entblößte.

Zurück blieben verblüffte Touristen und der Beweis, dass dem gut zwei mal drei Meter großen Renaissance-Gemälde wohl zu Recht eine betörende Wirkung nachgesagt wird. Ab 14. Februar wird eine prächtige Reproduktion bei der Schau "Die großen Meister" in der Tabakfabrik Linz zu sehen sein. Ein Lichtblick im Winter. Denn typisch für Botticelli (1445–1510) verbreitet das auf zusammengenähten Leinwänden, wahrscheinlich in den 1480ern mit Tempera auf blauem Gesso, einem Mix u. a. aus Binder und Kreide, geschaffene Werk Frühlingsgefühle. Im Zentrum steht mit Venus "die Schaumgeborene". Rechts begleitet sie – je nach kunsthistorischer Perspektive – die Göttin des Frühlings oder das höhere Wesen für die blühende Natur. Links hilft ihr der Gott des Windes, Zephyr, an die Küste, unterstützt von einer Blumennymphe oder einer leichten Brise in weiblicher Gestalt. So vortrefflich es in Farbe und Details ist, so wenig naturalistisch ist es, wenn es um den Göttinnenkörper der Venus geht: Ihre Schultern fallen sofort ab, parallel zum wehenden Haar. Zurück bleibt ein Werk, so fließend wie die Übergänge in den moralischen Bewertungen, die es erfährt. Religiös betrachtet könnte die Frau auf der Muschel bald sündigen, bevor das Paradies wartet. Philosophisch gesehen, öffnet erst ihre körperliche Schönheit den Geist für ihre spirituelle. (nb)

 

„Die großen Meister“, von 14. 2. bis 12. 5. in Linz

 

Die weltweit größte Präsentation der berühmtesten Werke der Renaissance ist ab Donnerstag in der Linzer Tabakfabrik zu sehen. Replikate von Werken da Vincis, Michelangelos, Botticellis und Raffaels sind ausgestellt: vom „Letzten Abendmahl“ und der „Geburt der Venus“ bis zur Nachbildung der David-Skulptur. Das Beste aus 13 Kunstmetropolen unter einem Dach. Die Ausstellung ist von Mi. bis Mo. (10–18 Uhr) geöffnet. Eine Hörführung via Audioguide ist im Ticketpreis inkludiert (werktags 16,50 Euro, WE: 18,50 Euro).
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