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Ein Zuhälter, der mit Camus und Marx schlafen ging

Von Peter Grubmüller, 19. März 2019, 00:04 Uhr
Ein Zuhälter, der mit Camus und Marx schlafen ging
Schamoni will die alte Hamburger Rotlichtszene nachträglich veredeln. Bild: (Bahlburg)

Rocko Schamoni setzt mit seinem Roman "Große Freiheit" der Kiez-Größe Wolli Köhler ein Denkmal

Die Buchprojekte sollen keineswegs abgesprochen gewesen sein, Rocko Schamoni und sein Spezi Heinz Strunk schöpfen bloß aus ähnlichen Lebensrealitäten. Im Hamburger Satire- und Irrsinns-Trio "Studio Braun" sind die beiden Pop- und Subkultur-Protagonisten mit Jacques Palminger seit gut 20 Jahren zusammengespannt, jetzt haben sie kurz hintereinander ehemaligen Berühmtheiten von St. Pauli literarische Denkmäler gesetzt: Strunk in "Der Goldene Handschuh" dem so realen wie bestialischen Frauenmörder Fritz Honka, der gegen den Verwesungsgeruch seiner Leichen mit Klosteinen angeht, und Schamoni mit "Große Freiheit" dem 2017 verstorbenen Puffbesitzer und Freigeist Wolli Köhler. Beide Romane sind Beschwörungen eines vom Kiez dominierten Hamburg, das es so nicht mehr gibt. Allerdings ist Strunks harte Erzählung tatsächlich Literatur, während Schamonis Versuch, Köhlers Leben vom Mechaniker aus Sachsen bis zum Bordell-König auf St. Pauli in den Griff zu kriegen, eher wie eine romantisierte Verführungsatmosphäre durch den Champagner-Dampf schimmert. Mit "Große Freiheit" meint der Text nicht bloß die gleichnamige Reeperbahn-Gegend, sondern umkreist schon im Titel sein Hauptmotiv.

Geht es nach Schamoni, ist Köhler mit einem Mix aus Unbedarftheit und Risikolust in die Rotlichtgassen gestolpert. Und wenn der Held tagsüber geile Herren zu seinen Untermieterinnen bugsiert hat, dann bringt Schamoni dessen goldenes Herz mit der Nachttischlektüre von Camus oder Marx zum Leuchten. Er soll keiner wie alle anderen aus dem Milieu gewesen sein und kommt doch nicht über die Stereotype des Missverstandenen hinaus.

Alte Huren- und Zuhälter-Zeiten verehrend, wird hier die Sehnsucht nach der Ausschweifung hübsch, aber sprachlich karg bebildert. Reflektiert wird das Sex-Geschäft nie, deshalb bleibt der Roman eindimensional, aber Köhler hätte sich sicher darüber gefreut. Manchmal hat der Leser gar den Eindruck, das wäre Schamonis Absicht gewesen.

 

Rocko Schamoni: "Große Freiheit", Roman, Verlag Hanserblau, 256 Seiten, 20,60 Euro.

OÖN Bewertung:

 

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