Ein prächtiges Dutzend der Operette

Thomas Kerbls Freude musste gleich am Anfang heraus. "Ich bin glücklich, dass die Architekten unseren Großen Saal zu klein geplant haben", sagte der Vize-Rektor der Anton-Bruckner-Privatuniversität (ABPU). Wegen des Publikumandrangs beim Finale des dritten Operettenwettbewerbs am Sonntag improvisierten Kerbls Uni-Kollegen im Handumdrehen zusätzliche Sitzreihen auf der Bühne, um nicht alle, die sich für die ausverkaufte Veranstaltung an der Abendkasse um Karten angestellt hatten, nach Hause schicken zu müssen. Und wer die acht Finalistinnen und vier Finalisten – jeweils Studierende oder Absolventen der ABPU – dennoch verpasst hat, der wird dieses prächtige Dutzend bald auf großen Bühnen erleben.

Große Stimmen hat das in Zusammenarbeit von Landestheater und ABPU organisierte Opernstudio bereits herausgebracht, und doch steigt die Qualität noch immer. Erlebbar etwa mit Florence Losseau. Die Münchnerin mit dem perfekt kontrollierten Mezzo war bereits mit der Partie des Annio in Mozarts "La clemenza di Tito" im Linzer Musiktherater als "Entdeckung" gefeiert worden. Die unter anderem mit Baden-Intendant Michael Lakner, Brucknerhaus-Chef Dietmar Kerschbaum, Landestheater-Chefdramaturg Thomas Blitt, Künstleragentin Ariane Hollaender-Calix, Lehár-Festival-Tausendsassa Thomas Enzinger und Sotschi-Intendant Hans-Joachim Frey honorig besetzte Jury verzauberte sie nun aufs Neue. Mit "Vous aimez le danger" aus Offenbachs "La Grande-Duchesse de Geroldstein" und "Du hast rote Backen" aus Beers "Polnischer Hochzeit" holte sie nicht nur den 3000-Euro-Siegerscheck, sondern rührte manche im Publikum zu Tränen.

Als Entdeckung dieses Abends fiel die Zweitplatzierte Annina Wachter auf. Die Tirolerin legte das "Lied der Nachtigall" (Grothe: "Die schwedische Nachtigall") und Lehárs "Vilja-Lied" mit derart einnehmender Präsenz hin, als hätte sie all die Jahre auf dieses Finale hintrainiert. Von ihrem Talent hingerissen, engagierten sie Lakner und Blitt von der Bühne weg. Mit großer Mehrheit wurde ihr auch der von den OÖN präsentierte Publikumspreis zuerkannt.

Ein aus mehreren Gründen gewaltiger Tenor steht den Theatern bald mit dem in Kalifornien aufgewachsenen Rafael Helbig-Kostka ins Haus. Man glaubte ihm nicht nur jedes Wort aus Lehárs "Freunde, das Leben ist lebenswert" und aus Kálmáns "Wenn es Abend wird", in seiner Geste erinnerte der Drittplatzierte auch an eine freundlichere Ausgabe von Luciano Pavarotti. Neben allen anderen Hochtalentierten wird man sich die ohnehin schon beim Linzer "Vogelhändler" und in Mörbisch glänzende Martina Fender, die Kärntnerin Nicole Gabriela Lubinger und die vor Energie sprühende Polin Paulina Horajska (die Enzinger für Bad Ischl engagierte) merken müssen. 

Fazit: Eine fabelhafte Leistungsschau der Bruckneruni, die jungen Künstlern den Einstieg in den Profibetrieb erleichtert.