Die zähe Seele des Südkaukasus
Die Entwicklungspolitischen Film- und Dialogabende laden von 28. März bis 6. April ein, Armenien und Georgien kennen zu lernen – eine Reise zu Armut und Aufstehen sowie fließenden Grenzen zwischen West und Ost.
255 Euro beträgt momentan das durchschnittliche Netto-Gehalt in Georgien. In Armenien sind es 28 Euro mehr. Zahlen, die das landläufige Bild beider Länder, die nördlich des Iran sowie südlich von Russland liegen, bestätigen: Sie sind arm.
Doch deshalb hat sie Martin Stöbich nicht ausgesucht, um sie von 28. März bis 6. April in den Fokus seiner "Entwicklungspolitischen Film- und Dialogabende" (mehr unten) zu rücken. In Linz und im Mühlviertel will der Gramastettner das prekäre Leben der Bürger nicht verhehlen, aber ebenso will Stöbich breite Einblicke in Länder geben, die nur wenige Flugstunden von Wien entfernt liegen, aber "in unserer Öffentlichkeit so gut wie nicht vorkommen".
In "Corn Island" (5. 4., Haslach) kämpfen Opa und Enkelin als Bauern
Die handverlesenen Filme gehen thematisch breit in die Tiefe und behandeln – aufgrund der langjährig gewachsenen Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz, Care, Hilfswerk International oder SOS Kinderdorf – Klimawandel, Katastrophenschutz und Familienstrukturen, aber auch – geschuldet der Historie – die Nachwehen des Zerfalls der UdSSR. "Die spannende Frage bleibt: Wo gehört der Südkaukasus überhaupt dazu? Geografisch betrachtet bereits zu Asien. Aber es fühlt sich doch irgendwie nach Europa an. Die Orientierung in den Ländern ist unklar: Gehen wir Richtung Russland? Oder Richtung EU? Für Armenien scheint es mehr Europa zu sein, bei Georgien Putins Reich", sagt Stöbich.
"Man muss bedenken, dass Georgien früher Hauptreiseziel der Sowjet-Bürger war. Es hat gewaltige Seen und ist zu 70 Prozent mit Wäldern bedeckt." Die Natur spielte auch eine immense Rolle in der Entwicklung Armeniens. Bevor die Sowjetunion "krachte" (1990/1991), kam es 1988 zum Erdbeben von Spitak – mit 25.000 Toten und einer halben Million Obdachloser. Um das bewältigen zu können, wurden erstmals westliche Helfer ins Land gelassen. Aufgearbeitet hat dies auch der Special-Effects-Film "Earthquake" (2016) – Fiktion, basierend auf echten Tagebucheinträgen, zu sehen am 29. 3. in Linz. "Er wurde zum armenischen Blockbuster, auch weil er den Nerv der Bevölkerung getroffen hat."
„Earthquake“ nach wahren Ereignissen.
Wie Stöbich die Mentalität der Südkaukasier beschreiben würde? "Man sagt, Regisseur Aki Kaurismäki hätte seine Freude mit ihnen." Und wer die Kultfilme des Finnen kennt, weiß: Seine Figuren taumeln lächelnd Richtung Abgrund. Schräg, abstrus, aber doch nie ganz fallend. "Echte Aufstehmenschen."
Entwicklungspolitische Film- und Dialogabende
Wann? 28. 3. bis 6. 4.
Wo? Linz, Freistadt, Haslach und Gramastetten
Das Thema: Südkaukasus, mit Fokus Georgien, Armenien
Das Konzept: Thematisch passend werden Dokumentar- oder Spielfilme aus den beiden Ländern gezeigt, im Anschluss Gespräch mit heimischen Experten aus Hilfsorganisationen oder dem Filmbereich, in Gramastetten spricht der aus Armenien stammende Gevorg Simonyan, armenische Musik vom Duo Hayaser
Die Themenabende
Linz, Moviemento:
"Familie", 28. 3., 18.30;
"Katastrophen", 29. 3., 18 Uhr;
"Eine bessere Zukunft?!", 30. 3., 18 Uhr
Freistadt, Kino: "Menschenbilder", 4. 4., ab 18.30 Uhr
Haslach, adlerkino: "Kleinbauern stärken", 5. 4., 18.30
Gramastetten: "Armenien, wohin?", 6. 4., 18.30 Uhr
Alle Infos, Programm: filmtagelinz.kukuroots.at