Die Stimme des Vaters als Nahrung
Anton Dermota war einer der herausragendsten Sänger der Staatsoper nach 1945, Tochter Jovita widmet ihm eine Schau im Stift Kremsmünster.
Er baute als Mitglied des "Mozartensembles" die Wiener Staatsoper nach 1945 wieder mit auf. Nicht nur künstlerisch, sondern auch menschlich und emotional.
Schauspielerin Jovita Dermota, die Tochter des lyrischen Tenors Anton Dermota, hat jene Schau kuratiert, die ab 14. April über den vor 30 Jahren gestorbenen Sänger in Stift Kremsmünster zu sehen ist.
was ist los? Ihr Vater sang bei der Wiedereröffnung der Staatsoper am 8.11.1955 den Florestan in "Fidelio".
Jovita Dermota: Ja, ich war vierzehn, hatte ein weißes Tüllkleid an und die Spannung war zuhause noch viel größer als sonst. Ein Zustand, den viele Künstlerkinder kennen, die am Nachmittag auf den Vater Rücksicht nehmen müssen, damit er am Abend gut ausgeruht Spitzenleistungen erbringen kann. Mein Vater war ein nervöser Mensch und diese Anspannung hat sich übertragen. Aber man braucht diesen Moment der Spannung, um alle Kräfte mobilisieren zu können.
Wie haben Sie das erlebt?
Es war wie das Umlegen eines Schalters. Mein Vater lief plötzlich in einem ganz anderen Rhythmus, ja hat sogar anders ausgesehen.
Ist das mit Starallüren zu vergleichen?
Keinesfalls! Meine Eltern – meine Mutter Hilda war Pianistin und seine engste Beraterin – waren äußerst bescheiden. Absolut keine Selbstdarsteller mit Starallüren. Aber das wäre zu dieser Zeit, wo niemand in Wien irgendetwas hatte, vollkommen fehl am Platz gewesen. Vielmehr ging es darum, mit allen Kräften das Überleben des Landes zu sichern, und obwohl mein Vater aus Slowenien stammte, hatte er das Sendungsbewusstsein, aus den Trümmern mit Mozart Neues aufzubauen.
Was bedeutete die Musik?
Musik hatte in dieser Zeit, in der mit Angst besetztes Elend jeden betraf, die Macht, Menschen aufzurichten, sie in einen positivistischen Überlebensmodus zu versetzen und das Geschenk der Töne als Nahrung aufsaugen zu lassen. Dafür war man sogar bereit, Kohle und Holz für das Beheizen des Theaters an der Wien mitzunehmen, wo die Staatsoper bis 1955 Unterschlupf gefunden hatte.
Hat Ihr Vater Kritik zugelassen?
Fast zulassen müssen, denn seine Gattin, die jede Vorstellung besuchte, übte bereits bei der Heimfahrt im Auto schonungslose Kritik, die aber mein Vater überwiegend gerne annahm. Er verstand es als echte Partnerschaft, offen miteinander zu sprechen.
Ein lyrischer Tenor von Weltrang
Zur Person: Anton Dermota (1910 bis 1989) wurde 1936 an der Wiener Staatsoper engagiert, wo er zum Publikumsliebling wurde. Er sang bei der Wiedereröffnung 1955. Die Ausstellung (mehr unten), die seine Tochter Jovita kuratierte, berichtet von der Karriere eines Menschen aus bescheidenen Verhältnissen, der sein Studium am Laibacher Konservatorium als Sänger im Chor des dortigen Opernhauses finanzierte. Dank eines Stipendiums konnte er nach Wien gehen, wo er seine Frau traf, Pianistin Hilda Berger von Weyerwald. Seine Abschlussvorstellung in der Staatsoper gab Dermota 1989.
Die Schau: zu sehen im Meierhof des Stiftes Kremsmünster, gewidmet von der Goethe-Gesellschaft Österreich.
Eröffnung: 13. April, 15 Uhr;
Mo. bis Fr.: 9 bis 16.30 Uhr; Sa., So., Fei.: 9 bis 12 Uhr; 13 bis 16.30 Uhr, oder gegen Voranmeldung: Tel.: 07583/5275-150; bis 30. September
Warum in OÖ? "Weil die Familie meiner Mutter aus Oberösterreich stammt. Mein Urgroßvater Josef Berger war der Amtsnachfolger von Adalbert Stifter als Bezirksschulinspektor", sagt Jovita Dermota über die Schau, die 2017 in Wien lief.