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Das tote Kind bleibt eine Leerstelle für die Ewigkeit

Von Peter Grubmüller, 09. April 2019, 00:04 Uhr
Das tote Kind bleibt eine Leerstelle für die Ewigkeit
"Kurt" ist Sarah Kuttners vierter Roman. Bild: Katharina Hintze

Literatur: Mit "Kurt" gelingt der Autorin Sarah Kuttner ein beeindruckender Roman über die Fassungslosigkeit der Trauer

Sarah Kuttner und Doris Knecht wetteifern seit zehn Jahren, wer im Dreieck von Berlin, Zürich und Wien die literarische Ober-Sprachröhre der Bobos und Helikopter-Eltern sein darf. Mit ihrem neuen Roman "Kurt" hat nun Kuttner nicht die goscherte Leichtigkeit ihrer frühen Moderationen (VIVA, ZDFneo) und Texte eingebüßt, sondern sie veredelt ihre Erzählung mit einem Einfühlungsvermögen, das man der bisherigen Beobachterin von Sozialisationskrankheiten, Beziehungshavarien und pädagogischen Spätschäden nicht zugetraut hätte. Sarah Kuttner halst sich selbst das Thema Trauer auf, und sie trägt es über 240 Seiten behutsam ins Ziel.

Die Ich-Erzählerin Lena berichtet leicht und hopsend von ihrem Leben mit zwei Kurts. Der große ist ihr Partner, der kleine dessen Sohn. Zu dritt wohnen sie in einem gerade erworbenen, aber renovierungsbedürftigen Haus in Brandenburg. Alle zwei Wochen wird der kleine Kurt von seiner Mutter Jana abgeholt, danach folgt die Zeit für Sturmfrei-Sex in allen Räumen. 82 Seiten lang entdecken zwei Freiberufler aus der Medienbranche die Exzellenz der Baumärkte, Gärtnereien und kleinbürgerlichen Rituale, bis sich der kleine Kurt bei einem Sturz vom Klettergerüst auf dem Schulhof das Genick bricht und stirbt.

Nichts wird wieder gut

Was folgt, ist eine der eindringlichsten Beobachtungen und Reflexionen von Trauer der zeitgenössischen Literatur. Kuttner nistet das Gefühl in jede Ritze des Alltags ein. Nicht die kleinste Hoffnung wird gestattet, dass eines Tages wie nach Liebeskummer alles wieder gut sein kann. Nichts wird wieder so, wie es einmal war. Das Kind ist tot – heute, morgen, immer, eine Leerstelle für die Ewigkeit.

Der große Kurt verkriecht sich in einen "Keller", wie er es nennt, in dem er selbst nicht bleiben will – und wo er Jana nicht haben will.

Er zieht es vor, allein oder mit seiner Ex-Frau um das gemeinsame Kind zu trauern. Auf die Patchwork- und Teilzeit-Stiefmutter vergessen so gut wie alle. Wie Jana einst ihren Platz im Leben des kleinen Kurt gesucht hat, um ihn lieben zu dürfen, ohne dessen Mutter in die Quere zu kommen, muss sie sich jetzt das Recht auf Trauer zugestehen, bevor dem Paar die völlige Entfremdung droht.

An der Trauer gibt es nichts zu bedenken. Und Kuttners kalauernder Ton steigert sich zu jenem zarten Witz, der die große Katastrophe noch zu vertiefen vermag. So schmerzhaft und haarscharf am Kitsch vorbei balanciert, dass dem Leser mitunter die Tränen kommen.

Mit "Kurt" wird nicht mehr von der Moderatorin Sarah Kuttner die Rede sein. Jetzt ist sie eine verdammt gute Schriftstellerin.

Sarah Kuttner: "Kurt", Roman, S. Fischer Verlag, 240 Seiten, 20,60 Euro

OÖN Bewertung:

 

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