Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Das Amerika der zerstörten Träume

Von Lukas Luger, 11. Februar 2019, 00:04 Uhr
Das Amerika der zerstörten Träume
Das Schicksal von Coalhouse (Gino Emnes) und Sarah (Myrthes Monteiro) steht im Mittelpunkt von „Ragtime“. Bild: Winkler/Landestheater

Am Freitag feierte das Musical "Ragtime" nach dem Bestseller von E.L. Doctorow seine fulminante Premiere im Linzer Musiktheater.

Allesamt sind sie Außenseiter, ja Geächtete, die die New Yorker Gesellschaft behandelt, als wären sie kein Teil von ihr: ein am allenthalben grassierenden Gift des Rassismus zugrunde gehender Schwarzer, ein jüdischer Einwanderer auf der Suche nach einem besseren Leben, eine weiße Frau, reduziert auf ihre Rolle als Perle des Hauses und Mutter (so auch ihr Rollenname). Es bedarf keiner komplizierten gedanklichen Querverbindungen zum Trumpschen Amerika der Jetztzeit, um die Aktualität und politische Brisanz von "Ragtime" zu verorten. Am Freitag feierte das Musical in der Inszenierung von Matthias Davids im Linzer Musiktheater seine umjubelte Premiere.

Im Zentrum der vielschichtigen Geschichte nach E. L. Doctorows Roman steht der stolze farbige Pianist Coalhouse Walker junior. Vom niederländischen Gaststar Gino Emnes mit enormer physischer Präsenz und ebensolcher Stimme verkörpert, trägt er den Kleistschen Rächer bereits im Namen. Ebenso wie Michael Kohlhaas greift er zu Selbstjustiz, um erlittenes Unrecht – in Form einer rassistisch motivierten Attacke – zu tilgen. Getrieben von Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, hat zuvor seine Geliebte Sarah (Myrthes Monteiro) den gemeinsamen Sohn in "Mutters" Garten abgelegt.

Die von Daniela Dett beeindruckend mit einer Mischung aus trotziger Zurückhaltung und zart aufblühendem Selbstbewusstsein verkörperte Mittelschichts-Lady nimmt Säugling und Mutter in ihr Heim auf – und stellt sich dadurch nicht nur gegen ihren Ehemann (Carsten Lepper als "Vater"), sondern auch gegen die sozialen Konventionen der Zeit.

Eine Ladung Sprengstoff

Eine Tat, die Mutters Bruder (Gernot Romic) ebenso bewundert, wie er mit Coalhouse’ Rachefeldzug gegen das Establishment sympathisiert. Am Ende stehen der Sinnsuchende und der vom Pianisten zum Terroristen Mutierte mit einer Ladung Sprengstoff in der Morgan Library – und vor einer schwierigen Entscheidung!

Dieses Kaleidoskop einer aufgewühlten Nation im turbulenten Wandel rundet die Geschichte von Tate und seiner Tochter ab. Riccardo Greco mimt den Migranten aus Osteuropa, der sich als Scherenschnitt-Verkäufer versucht, mit viel Liebenswürdigkeit im Herzen und Schmalz in der Stimme.

Geschickt navigiert Regisseur Matthias Davids sein großes Ensemble auf der in dunkles Holz und Stahl gekleideten Bühne von Hans Kudlich durch Doctorows Geschichten-Dickicht. Auch etliche historische Figuren haben Gastauftritte, die aber mehr zur Atmosphäre beitragen, als für den Plot von echter Relevanz zu sein. Während Ariana Schirasi-Fard als Anarchistin Emma Goldman, Hanna Kastner in der Rolle des Starlets Evelyn Nesbit und O. J. Lynch als Bürgerrechtler Booker T. Washington kleine Duftmarken setzen, hat Christof Messner einen denkwürdigen Auftritt. Als legendärer Entfesselungskünstler Harry Houdini seilt er sich spektakulär von der Musiktheater-Decke ab!

Komplex und doch federleicht

Musikalisch gelingt es Tom Bitterlich im Zusammenspiel mit dem Bruckner Orchester, die komplex arrangierten, auf Deutsch gesungenen Songs von Stephen Flaherty und Lynn Ahrens erstaunlich leichtfüßig klingen zu lassen. Der opulente Soundtrack eines Amerikas, in dem die Hoffnung und die zerstörten Träume eng beieinander liegen, flirtet ausgiebig mit Gospel, Swing, Vaudeville-Schlager und Ragtime und nistet sich sofort in den Gehörgängen der Zuschauer ein. Den gesanglichen und emotionalen Höhepunkt des Abends setzt dabei ohne Zweifel Sarah-Darstellerin Monteiro mit der herzzerreißenden Ballade "Deines Daddys Sohn". Toll!

Fazit: Die Linz-Produktion von "Ragtime" ist der seltene Glücksfall eines Musicals, das Spaß bereitet und zum Denken animiert.

Muscial-Premiere: "Ragtime" in der Regie von Matthias Davids, 8. Februar, Musiktheater Linz. Nächste Vorstellungen: 13./22. Februar, 1./6./7./9./10./16./17./24. März

mehr aus Kultur

Von 84-jährigen DJanes bis bockende Bauern: "Crossing Europe" zeigt 144 Filme aus 41 Ländern

Manfred Mandl wird neuer Geschäftsführer der Landes-Kultur-GmbH

Erfrischendes Chaos aus "Rhythmus und Rausch" bei den Tanztagen in Linz

Ulrichsberger Kaleidophon: Klänge abseits ausgetretener Pfade

Autor
Lukas Luger
Redakteur Kultur
Lukas Luger
Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

2  Kommentare
2  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
FreundlicherHinweis (15.581 Kommentare)
am 12.02.2019 08:59

Englische Musicals auf Deutsch gehen gar nicht.

lädt ...
melden
antworten
( Kommentare)
am 11.02.2019 10:21

Was hat das mit "Amerika" zu tun? Mit USA ja, aber mit dem restlichen Ländern des Kontinents nicht!

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen