Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Buchtipp: Armer Stotterer, mörderischer Schreiber

Von Helmut Atteneder, 23. März 2019, 00:04 Uhr
Armer Stotterer, mörderischer Schreiber
Charles Lewinsky Bild: Maurice Haas

Der Schweizer Autor Charles Lewinsky hat einen leicht lesbaren und trotzdem anspruchsvollen Gefängnisroman geschrieben.

Ein patschertes wie liederliches Leben hat den Ich-Erzähler folgerichtig ins Gefängnis geführt. Dennoch, seine kriminelle Energie hätte vielleicht bloß zum Kleinganoven gereicht, wäre da nicht die Wut dazugekommen.

Die Wut auf den Vater, der nach außen hin das tiefgläubige Mitglied einer Freikirche gewesen, im Kreise der Familie aber gerne verbal und körperlich gewalttätig geworden ist. Sein Vater hat ihn so verdroschen, weil er kaum einen geraden Satz herausgebracht hat. Er, der Stotterer, die Lachnummer zu Hause und in der Schule, in der Freikirche, im Leben. Immer und überall. Aber der Stotterer hat auch eine Begabung. Das geschriebene Wort. Schon als Schulbub rächt er sich. Einem Quälgeist schreibt er Liebesbriefe, immer heißer, immer glühender – von einer imaginären Verehrerin. Als dieser – nackt – zum vermeintlichen Date mit der nicht existenten Verehrerin kommt, ist die ganze Klasse mit dabei, informiert vom Stotterer. Mehr Bloßstellen geht nicht. Seinen Peiniger, den Sektenobersten Bachofen, treibt er in den Selbstmord. Als er beim x-ten Neffentrick unvorsichtig wird, geht er ins Gefängnis.

Deal mit Häfenpriester

Dort erkennt der Gefängnispfarrer das Schreibtalent. Er verschafft dem Stotterer einen Job in der Bücherei, im Gegensatz verpflichtet sich der Stotterer, ihm Texte über sein Leben, aber auch Fiktives zu schreiben. Diese Texte wechseln sich im Buch mit Tagebucheinträgen und Kurzgeschichten ab.

Einer dieser Texte gewinnt einen Preis, und der schreibende Häftling beginnt an einem Buch zu arbeiten, das sein Leben skizziert und draußen zum Bestseller mutieren soll. Doch im Gefängnis läuft das Leben nie geradlinig.

Charles Lewinsky wurde 2006 mit dem Roman "Melnitz", in dem er beispielhaft die Geschichte der Juden in der Schweiz beschreibt, berühmt. Zuvor schrieb er leichte Kost, Drehbücher für Sitcoms und volkstümliche Liedtexte. Dass er tatsächlich schreiben kann, beweist der 72-Jährige auch in seinem neuen Roman. Lewinsky schreibt schnörkellos, trägt von der ersten bis zur letzten Seite den Charakter der Hauptfigur in sich.

Manche "Fingerübung", die der Stotterer dem Häfenpfarrer als Nachweis seines Schreibtalents schickt, hätte nicht sein müssen, weil diese mehr ablenken denn verstärkend wirken. Die Rahmenhandlung – Mann mit traumatischen Verletzungen aus der Kindheit wird kriminell und will nach vielen Höhen und Tiefen brav und gut werden – ist wenig erfinderisch.

Überraschende Wendung

"Der Stotterer" ist ein leicht lesbares, trotzdem anspruchsvolles und großteils spannendes Buch mit einer überraschenden Wendung am Schluss.

 

"Der Stotterer": Roman von Charles Lewinsky, Diogenes, 410 Seiten, 24,70 Euro

mehr aus Kultur

Auktion: Wird Klimts "Fräulein Lieser" zum Millionen-Deal?

Vassileva trommelt Ebensee zusammen

Klimts "Fräulein Lieser" wurde um 35 Millionen Euro versteigert

Komödie „Alles in bester Ordnung“: Wenn das "Lieber aufheben" überhand nimmt

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen