Bob Dylan kam zum Spielen ins Konzerthaus – und nicht zum Posieren
Bei "Blowin’ In The Wind" maßregelte der Star übereifrige Handyfotografen.
Am 16. April 1962 hat Bob Dylan in New York "Blowin’ In The Wind" erstmals live vorgestellt. Exakt 57 Jahre später sollte am Dienstag der Welthit auf das Ende eines stilvollen Auftritts im Wiener Konzerthaus einstimmen. Doch nach wenigen Zeilen brach Dylan den Song ab, erzürnt über Handyfotografie aus dem Publikum: "We can either play or pose!", so seine wenigen Worte an diesem Abend. Bob Dylan ist zum Musizieren nach Österreich gekommen, nicht zum Posieren. Letztes verdeutlichten Durchsagen vor der Show, wonach das Fotografieren und Filmen unerwünscht seien, Ersteres unterstrich die beseelte Darbietung im würdigen Rahmen.
Dass "Things Have Changed" den Anfang machte, ist seit 2013 quasi in Stein gemeißelt. Es ändert sich eben doch nicht alles. Vor allem Stücke der Alterswerke erfahren keine radikalen Arrangementveränderungen, die werden Klassikern zuteil. Vertraut klangen auch "Pay In Blood", "Early Roman Kings" und "Scarlet Town". Dennoch war die Aufführung von "Scarlet Town" ein Höhepunkt: Dylan lieferte seine Vocals ausnahmsweise stehend ab, eingebettet in roter Farbe und einen Sound, der an ein Westernepos erinnerte.
Hochqualitativer Blues
"Love Sick" durfte man auch erwarten, ebenso den hochqualitativen Blues der Gruppe um den Gitarristen Charlie Sexton und den Multiinstrumentalisten Donnie Herron, der seine Pedal Steel oft sehr dick auftrug. So wurde "Highway 61 Revisited" kräftig gerockt und gerollt, mit der R&B-Version von "Thunder On The Mountain" hätte Chuck Berry seine Freude gehabt. "Gotta Serve Somebody" holte man aus dem Gospel zum Americana. "Don’t Think Twice, It’s All Right" sang der 77-Jährige mit viel Herzblut, am Klavier den Ton angebend. Gänzlich fremd klang zunächst "Like A Rolling Stone", ruhig statt tobend, und doch so wirkungsvoll, wenn Dylan, kaum hatte Tony Garnier zart mit dem Bogen über seinen Kontrabass gestrichen, "how does it feel" in den Raum schmetterte.
"Blowin’ In The Wind" als erste Zugabe kam geschmeidig und melodisch. Dann das Sakrileg: Handyfoto – der krampfhafte Versuch, den Moment festzuhalten, statt ihn zu genießen! Dylan geht an den Bühnenrand, maßregelt den oder die Fotografen, ist auf gut Wienerisch so angefressen, dass er stolpert und fast stürzt. Das folgende "It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry" war dann nur noch eine Pflichtübung. (APA)
Fazit: Beseelte Darbietung des Superstars, die auch ein Mini-Eklat nicht wirklich stören konnte