Als Meryl Streep für "Holocaust" in Freistadt spielte

Von Nora Bruckmüller   25.Jänner 2019

"Die Stadt war lahmgelegt, und auf einmal sind Amerikaner in SS-Uniformen herumgerannt", sagt Fritz Fellner. Der Kustos des Schlossmuseums in Freistadt wurde mit Anfang zwanzig Zeit- und Augenzeuge, als für den US-Sender NBC die Serie "Holocaust" in Freistadt gedreht wurde. Zum 40-Jahr-Jubiläum ihrer Erstausstrahlung im damaligen Westdeutschland wird die Miniserie über eine fiktive jüdische Familie aus Berlin, die der NS-Vernichtungspolitik zum Opfer fiel, wieder gezeigt.

"Ich habe erst Jahre später erfahren, dass Meryl Streep eine der Hauptrollen spielte. Damals hat sie noch keiner gekannt", sagt Fellner. Streep, mit drei Oscars als beste Hauptdarstellerin die ungekrönte Königin Hollywoods, war 1977 während des Drehs 28 Jahre jung.

Im Vierteiler "Holocaust" spielte sie die Deutsche Inga Helms, die 1935 den Juden Karl Weiss heiratet. Die Nürnberger Rassengesetze ließen ihre Verbindung illegal werden und stürzten sie in die Hölle der Konzentrationslager. Wie der Nationalsozialismus die Familie Weiss niederrang, bringt eine der packendsten Szenen mit Streep auf den Punkt, die auf dem Stadtplatz in Freistadt gedreht wurde. Fellner: "Sie lief vom Haus, in dem lange die bekannte Drogerie Hagleitner untergebracht war, einem Transport nach, der einen von ihr geliebten Menschen in ein KZ bringt, und fällt letztlich auf die Knie."

Freistadt diente für die Serie auch als Kulisse für ein Vernichtungslager: Theresienstadt. Im Informationsblatt der Stadt sei ein Aufruf der Produktion abgedruckt gewesen, erinnert sich der Stadthistoriker: "Wer dünn und bereit war, sich den Kopf kahl zu rasieren, hat 50 Schilling bekommen." In solch expliziten Bildern von Inhaftierten und Szenen, die erstmals die Gräuel in KZ wie Buchenwald zu rekonstruieren, sehen Filmexperten die starke Wirkung begründet, die "Holocaust" 1979 hatte. "Im Haus des Henkers wurde über den Strick gesprochen", war im "Spiegel" zu lesen. Gut 15 Millionen Menschen erreichte Teil eins 1979, beim vierten und letzten waren es knapp 20 Millionen. 30.000 Anrufer, die über das Gesehene sprechen wollten, erreichten den Sender. In Freistadt ging der Dreh schnell vorüber, im deutschen Raum brachen die Dämme und stießen eine langfristige Aufarbeitung an.

So wie es in Österreich der Skandal um die NS-Vergangenheit von Präsident Kurt Waldheim 1986 tat.

 

"Wir haben Lehrer zum ersten Mal weinen gesehen"
L. Neeson als Schindler, Ben Kingsley

„Wir haben Lehrer zum ersten Mal weinen gesehen“

Vor 25 Jahren wurde Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ mit sieben Oscars prämiert. Einer ging an Liam Neeson, der jenen Industriellen verkörperte, der jüdische Fabrikarbeiter vor dem KZ Auschwitz rettete. Zum Holocaust-Gedenktag am Sonntag bringen Kinos im Land den Film zurück auf die Leinwand.

„Schindlers Liste“ gilt als Meilenstein in der Aufarbeitung seitens Hollywoods und wurde zum gefragten Schulmaterial, somit hatte er auch die „neue“ Generation in der heimischen Filmszene erreicht. Der selbständige Regisseur Markus Kaiser-Mühlecker erinnert sich noch gut an seine Schulaufführung im Stadtkino Steyr. „Weil es das erste Mal war, dass wir unsere Lehrer weinen gesehen hatten.“ Anders als die Schüler. „Ich denke, dass wir die Tragweite des Gesehenen noch nicht voll erfassen konnten.“ Mit „Der Pianist“ oder „Hasenjagd“, mit Schauplatz Mühlviertel, seien weitere NS-Werke gefolgt, „aber ‚Schindlers Liste’ war das erste wie eindringlichste“. Für Stefan Messner vom Linzer Programmkino Moviemento sind es solche Werke, „die nicht verschwinden dürfen, um nun den nächsten Generationen vermitteln zu können, dass es nie mehr so weit kommen darf“. Kino biete dazu die richtige Umgebung. „Einen Ort, ohne Ablenkung und abseits der ständigen Flut an Themen, die ungefiltert über diverse Kanäle einprasseln.“

Kritisch betrachten die zwei Oberösterreicher, die das Grazer Filmfest „Diagonale“ leiten, „Schindlers Liste“: Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber haben ihn als Schüler gesehen. „Auf ‚Schindlers Liste’ konnten sich die meisten Lehrer verständigen. Viele waren gerne ein wenig Schindler. Nicht zuletzt, um weniger über Nazis sprechen zu müssen. Der Film wurde als anspruchsvolle Unterhaltung vorgeführt – Anschauungsunterricht zur Auflockerung. Er ist so ein Paradebeispiel für den oft halbherzigen Einsatz von Film im Bildungssystem.“ Gerade in Schulen wäre wohl eine intensive Auseinandersetzung mit „Holocaust“ lohnender. 

 

"Holocaust" im TV

Zum 25-Jahr-Jubiläum ist „Schindlers Liste“ am Sonntag, 27. Jänner, in diesen Kinos in Oberösterreich zu sehen: