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"Wozu ist die Kirche da? Mehr Furcht ins Volk!"

Von Von Peter Grubmüller (Text) und Reinhard Winkler (Fotos), 25. August 2018, 00:04 Uhr
"Wozu ist die Kirche da? Mehr Furcht ins Volk!"
Gottfried Fürst (Fürst), Heidi Stöcher, Anna Nussbaummüller (beide Dienerinnen) und Horst Populorum (Bischof) Bild: Winkler

Die Mühlviertler Gemeinde Bad Zell inszeniert mit "Die Hexenmacher" den historischen "Wagenlehner-Prozess"

Die unheilige Inquisition der katholischen Kirche beendete ihre mörderische Jagd auf Ketzer und Hexen im 15. Jahrhundert. Trotzdem wurde ab 1729 in Bad Zell die als Wagenlehner-Hexe in die Geschichte eingegangene Magdalena Grillenberger wegen Hexerei gefoltert und verbrannt, ihre Familie wurde ausgerottet (Info-Kasten). In der Bogenschützenhalle beim Wirt in Zellhof hoch über Bad Zell arbeitet die Mühlviertler Gemeinde nun seit Monaten daran, dieses Kapitel willkürlicher Brutalität und perfider Verbrüderung von weltlicher und geistlicher Macht auf die Bühne zu bringen. Am 21. September findet die Premiere des von Wolfgang Aistleitner verfassten und inszenierten Dramas statt.

Der Darsteller des Fürsten, der dem Bischof ob der schwächelnden Steuermoral seiner Bauern die Einwilligung zu einem mörderischen Exempel abringt, heißt auch in der Realität so. Gottfried Fürst nämlich. Dem Elektronik-Sachverständigen und gebürtigen Bad Zeller mit der sonor donnernden Stimme ist in keinem Moment anzumerken, dass es die erste Theaterrolle seines Lebens ist. In dieser liebevoll und mit Bedacht auf kleinste Details zum Theaterraum für 340 Besucher umgestalteten Halle entwickelt der Mann eine beträchtliche Bühnenpräsenz.

Hinreißende Herzlichkeit

"Die Zeller sind so engagiert bei der Sache, dass sie uns rund 2000 Requisiten gebracht haben", sagt Martina Fröhlich, die zusammen mit Aistleitner, Zita Eder, Lizi und Andreas Pilz die künstlerische Leitung verantwortet. Elisabeth Neulinger ist als geschundene Wagenlehnerin zu sehen. Für diese Probe hat sie für alle eine Topfentorte mit Äpfeln gebacken. Neben aller Professionalität wabert eine hinreißende Herzlichkeit durch die Halle.

"Nur die Faust schafft die alten Verhältnisse wieder herbei", sagt der Fürst zum Bischof – und weiter: "Wozu ist die Kirche denn da? Mehr Furcht ins Volk!" Der Bischof, der nicht lange zaudert, um Menschen brennen zu sehen, ist im Brotberuf Finanzchef des Getränkeherstellers Spitz und heißt Horst Populorum. Stoische Miene und reduzierte Geste hat er dem realen Klerus verblüffend lebensnah abgeschaut.

Aus der zweiten Sitzreihe korrigiert Aistleitner Melodie und Rhythmus der Sprache. Der ehemalige Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Linz und verdiente Haudegen der Laientheater-Szene weiß exakt, wann und in welchem Ton er eingreifen muss.

Fünf, sechs Mal wird diese Vereinbarung auf das Wiederaufflammen des Scheiterhaufens geprobt. Wer obendrein weiß, dass die Wagenlehnerin einst im gut 100 Meter entfernten Schloss Zellhof, das heute nicht mehr als prunkvolles Anwesen zu erkennen ist, tatsächlich im Kerker saß, der spürt die anschwellende Atmosphäre noch bedrohlicher.

Im Zentrum von Bad Zell hat sich einstweilen der eigens formierte Chor des Stücks zum Üben getroffen. Den späteren Abend werden alle im "Gasthaus zum feuchten Eck" fröhlich ausklingen lassen. Nichts ist aufgesetzt, das Erarbeiten des Stoffes hat in der Gemeinde eine Dynamik angestoßen, die über die zehn Vorstellungen hinaus wirken wird. Verblüffend, wozu Theater imstande ist, das mit den Menschen und ihrer Geschichte zu tun hat.

Am 2. September (19 Uhr) wird beim Färberwirt in Bad Zell das Buch "Hexen.Wahn – Der Wagenlehnerprozess" von Zita Eder präsentiert. Ab 7. September ist im Hotel Lebensquell die Ausstellung "Menschen – Bilder" der Künstlerin Ulrike Eidenberger zu sehen. Info: www.diehexenmacher.at

 

Der Wagenlehner-Prozess (1729-1731)

Die gute Milchwirtschaft der Bad Zeller Bäuerin Magdalena Grillenberger (die Wagenlehnerin, 1666–1730) machte trotz kleinem Viehbestand die Bauern neidisch. Sie schrieben den Ertrag der Hexerei zu. Bald brannte das Kreuzbergergut in Schönau, das Sibilla Wenigwieser, die Enkelin der Wagenlehnerin, anzündete, nachdem sie vom Bauern vergewaltigt worden war. Unter Folter-Androhung „gestand“ Sibilla, ihre Großmutter sei mit dem Teufel im Bunde. Nachts wurden die Wagenlehnerin und ihre Kinder verhaftet. In den Folgetagen kerkerte man ihre Verwandtschaft ein. Unter Folter gestand die Wagenlehnerin absurdeste Dinge. Am
7. November 1730 wurde sie wie ihre Familie nach eineinhalb Jahren der Tortur verbrannt. Ihr Sohn Matthias starb 1731 im Kerker.

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7  Kommentare
7  Kommentare
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Gugelbua (31.930 Kommentare)
am 25.08.2018 12:10

das Stück könnte auch die heutigen Zeit spiegeln grinsen

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adhoc (4.106 Kommentare)
am 25.08.2018 12:12

Unter dir gibt's mit Sicherheit keine Schublade mehr... Du bist sicher kein gebürtiger Österreicher, ganz sicher nicht aus Europa, stimmt's?

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jago (57.723 Kommentare)
am 25.08.2018 14:47

Der hat ja ironisch gepostet grinsen

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Elmec444 (503 Kommentare)
am 25.08.2018 11:16

Die Unterdrückung der Menschen durch die röm.kath. Kirche ist heute weltweit und auch in Europa noch immer gegenwärtig. Die Vertuschung der Missbrauchsfälle und die Verweigerung der Würdenträger Täter vor weltliche Gerichte zu stellen ist heute noch gang und gebe.
Erst wenn die Beweise erdrückend sind und die Vertuschung in der Öffentlichkeit nicht mehr möglich ist "bedauert" der Papst.

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AlfDalli (3.986 Kommentare)
am 25.08.2018 10:11

Wie heißt es in der Heiligen Schrift:
"Hexen sollst du nicht am Leben lassen!"

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despina15 (10.072 Kommentare)
am 25.08.2018 09:45

ja damals konnten sie noch dass Volk,
mit Folter und verbrennen unter druck
halten,alles andere geschieht heute noch………...

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jago (57.723 Kommentare)
am 25.08.2018 14:45

Schön für euch Gläubige, wie ihr die Zusammenhänge versteht grinsen grinsen grinsen

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