Wie Peymann über den LASK zu Bernhard dribbelt
Der ehemalige Burgtheater-Direktor las in den Linzer Kammerspielen aus "Holzfällen. Eine Erregung"
"Da ich nun einmal nicht imstande war, die Menschen vernünftiger zu machen, war ich lieber fern von ihnen glücklich."
Dieses Zitat von Voltaire stellte Thomas Bernhard seiner Erzählung "Holzfällen. Eine Erregung" (1984) voran. Und wenn die "Witwe Bernhards", also der ehemalige Burgtheater-Direktor Claus Peymann, wie am vergangenen Sonntag in den übervollen Linzer Kammerspielen aus diesem Text liest, muss der Schlüssel zu Voltaires Glück in großen Lettern auf einer Stoffbahn zu lesen sein. Dazu ein roter Ohrensessel, wie ihn Bernhard als "Holzfällen"-Ich-Erzähler und Gast bei einer schnöselig abgehobenen Familie in Wien beschreibt, – und fertig ist die Kulisse.
Wie man sein Publikum fängt, muss dem 81-Jährigen niemand erklären. Er weiß, dass der LASK die Wiener Austria in der Fußball-Bundesliga mit 3:0 abgewatscht hat, außerdem spricht er über die Zweitliga-Tabellenführung von Blau-Weiß Linz – und wenn das so weitergehe, "wird es bald wieder zu einem Stadtderby kommen".
Wenn es bei Peymann so weitergegangen wäre, hätten sie ihn auf der Bühne bald um Busserl bedrängt, aber der Mann hat auch Reklame im Zuschaueranwärmprogramm: Am Semmering habe er unter 200 Besuchern 30 Bücher verkauft. Sollten es hier weniger als 60 werden, hätten die Linzer das als Niederlage zu verkraften.
Dann liest er. Sich selbst mit großer Geste dirigierend, die Beine unter den Stuhl gestellt oder weit hingefläzt – gerade so, wie Bernhard gesessen sein mag, bei dieser gar nicht fiktiven "Holzfällen"-Protz-Familie, die einen Burgschauspieler anhimmelt. Der Text schlängelt sich zur Debatte über diesen neuen Burgtheater-Direktor, dieses "Genie" (und Peymann wirft grinsend eine Handvoll Konfetti in die Luft), das Österreichs wichtigstes Theater übernehmen werde. In jedem Moment sickert tiefer ein, dass Peymann und Bernhard tatsächlich miteinander vermählt gewesen sein müssen, im Geiste. Und Peymann etabliert Bernhard als das, was er auch war: ein großer Humorist hinter verbitterter Fassade.
Ein Ereignis von einer Lesung, wuchtiger Applaus nach 75 Minuten, gerne mehr davon – wie viele Bücher verkauft wurden, blieb eines von Peymanns raren Geheimnissen. Hörbuch-Empfehlung: Claus Peymann liest Thomas Bernhards "Meine Preise".
Peymann und Thomas Bernhard sind das Gewissen der Nation.
Andere werden sagen, die Netzbeschmutzer der Nation. Aber genau die braucht es um grasse Fehlentwicklungen im Lande aufzuzeigen.
Mit der Regierung von Kurz und Strache mehr denn je. Denn jetzt geht es nicht nur um das Spießbürgertum sondern vielmehr um's Eingemachte. Um die Verteidigung unserer westlichen Demokratie samt Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Justiz, Meinungs- und Pressefreiheit.
Die Regierung will zackig Richtung Osten marschieren um Orbans Ungarn, Kascinskys Polen oder Putins Russland zu kopieren. Das schaut nicht gut aus für die Arbeitnehmerrechte und unsere hart erkämpfte Demokratie. Die 1930iger Jahre sind mit den Burschenschaftern weniger weit entfernt als man glaubt.
Schade das Thomas Bernhard nicht mehr lebt, denn der hätte dieser Sozial- und Demokratieabbauregierung völlig zurecht ordentlich die Leviten gelesen.