"Wetten, dass..?", ein würdiges Begräbnis
Ende nach 33 Jahren: TV-Shows taugen nicht mehr dazu, als etwas Bedeutsames behandelt zu werden.
Mit dem letzten "Wetten, dass..?" am Samstag endete ein Familienritual, über das man jahrelang – wie bei Ritualen üblich – nicht mehr nachgedacht hatte. Erst als das von Markus Lanz beschleunigte Ende in Sicht kam, blähte sich das 33 Jahre alte Format noch einmal zur Kristallkugel auf, in der sich die Psyche des deutschsprachigen TV-Zuschauers offenbart.
Eine prinzipiell unwichtige Fernsehsendung sagte dem Publikum über dreieinhalb Jahrzehnte, was wichtig ist. Im Gefolge des Ruhms internationaler Stars geriet jede Albernheit zur Staatsaffäre. Mit "Wetten, dass..?" kommt dem Fernsehen also mehr als eine Show abhanden. In der aktuellen Fernsehlandschaft taugt sonst kein Format dazu, als etwas Bedeutsames behandelt zu werden.
Zum Abschied in Nürnberg hat sich Lanz trotz zwei, drei Ausreißern nicht so übel geschlagen. Er konnte zwar nichts dafür, dass alle fünf Wetten gewonnen wurden – noch dazu von charismatischen Personen, wenn man die Cheerleader-Truppe zu Beginn übersieht –, aber es gelang ihm, eine Art Wir-Gefühl zu erzeugen, das so lange die Magie dieser Sendung ausgemacht hatte.
Zum Adieu-Winken hatte man ihn ohne das schillernde Hollywood auf die Couch gesetzt. Und einer wie der kuschelige Ben Stiller könnte ja auch in der Nachbarschaft wohnen. Ausgerechnet an diesem sympathischen Star – seine Filme sind etwas anderes – probierte Lanz allerdings aus, was ihm den Titel "Fescher Totengräber" eingetragen hat: Er ließ Stiller Mundartwörter nachplappern. Der "Oachkatzlschwoaf", was zu befürchten war, wedelte auch.
Die Fantastischen Vier hatten den großen Abgesang mit "Und Los" eröffnet. Die zu so etwas wie einer Melodie vorgetragenen Phrasen von Unheiligs "Zeit zu gehen" beendeten zehn Minuten vor Mitternacht die Rückblicke- und Anekdoten-Schau. Und erneut spricht es für Lanz, wenn die ehemalige Eiskunstläuferin Katarina Witt, Ex-Skistar Hermann Maier und Schlager-Gottheit Helene Fischer blass aussahen. Und trotzdem wollte Lanz noch einmal festgestellt haben, wie er es geschafft hatte, den vermeintlich unsinkbaren Unterhaltungstanker gegen die Wand zu fahren: Er fragte den 2010 bei einer Wette verunglückten und seitdem querschnittgelähmten Samuel Koch, ob dieser den vergangenen vier Jahren etwas Sinnhaftes abgewinnen konnte. Koch rettete ihn: Er sei vorbeigekommen, um "noch einmal richtig Abschied zu nehmen", beim letzten Mal habe er leider "frühzeitig gehen" müssen: "Ich hatte einen steifen Hals."
Im Rückspiegel taugt nun "Wetten, dass..?" zur Diplomarbeit, wie dem Fernsehen die Fähigkeit verlorenging, alle Generationen zu einem gemeinsamen Erlebnis zu versammeln. Mit Privatfernsehen und Internet wurden die Unterhaltungsangebote für immer kleinere Zielgruppen zugeschnitten. "Wetten, dass..?" hat sich quasi nie verändert. Wir sind andere geworden.
Pressestimmen
„Lanz moderierte die Sendung aus Nürnberg mit Fassung, aber manchmal auch mit etwas zu großen Worten.“
Der Spiegel, Deutschland
„Wetten, dass ...?“, einst Vorzeigebeispiel europäischer Unterhaltungskultur, ist unter dem hölzern agierenden Gottschalk-Nachfolger Markus Lanz mittlerweile zur Provinzposse in amerikanischen Talkshows verkommen, wo heimgekehrte Prominente vergeblich zu erklären versuchen, was die Deutschen da vor und hinter der Glotze eigentlich machen.“
Neue Zürcher Zeitung, Schweiz
„Vermutlich wird nach „Wetten, dass ...?“ nie wieder eine unwichtige Fernsehsendung so wichtig genommen werden. Das muss aber nichts Schlechtes sein.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Deutschland
Die letzte große Samstagabendshow ist einen langsamen Tod gestorben. Lanz war mehr ein unermüdlicher Sterbehelfer als ein Showmaster. Unprätentiös und alles andere als originell wirkten seine letzten Worte: „Das Leben geht weiter. Wetten, dass...?“ Es war ein kühler, recht unsentimentaler Abschied.
Die Zeit, Deutschland
„Wetten, dass...?“ ist der erste live im Fernsehen übertragene Tod einer öffentlich-rechtlichen Sendung. Aber in Würde stirbt man besser daheim und nicht im Fernsehen.“
Die Welt, Deutschland
„Es gab keinen Grund, wehmütig zu werden. Dafür war diese letzte Sendung aus Nürnberg zu langweilig und zu langfädig. Es gab wenig zu lachen in diesen fast vier Stunden.“
Blick, Schweiz
Das Quiz zu „Wetten, dass..?“
"Wetten, dass...?": Höhepunkte und Skandale
Abstimmung wird geladen, bitte warten...
mit ihren volksverblödungsledern wird dem deutsch sprechenden volk noch viele jahre erhalten bleiben, bis es ganz vertrottelt ist.
hat man diesen langatmigen Kindersendungen den Garaus gemacht!
ist schon seltsam. Traurig, wenn es nichts passenderes gibt.