Vom Tellerwäscher zum Regiekönig von Hollywood

16.April 2018

Milos Forman war ein Ausnahmeregisseur und vielfach preisgekrönt. Schon sein erstes Hollywood-Projekt wurde in Cannes ausgezeichnet, später bekam er zwei Oscars. Am Freitag ist Forman im Alter von 86 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben.

Als Forman vor mehr als 40 Jahren mit seinem ersten Oscar in der Hand seiner Wahlheimat, den USA, für die Auszeichnung dankte, war der tschechische Akzent noch deutlich zu hören. "Amerika ist immer noch ein wunderbares, gastfreundliches und offenes Land", schwärmte der Regisseur vor versammelter Hollywood-Prominenz.

Acht Jahre zuvor war er aus der damaligen Tschechoslowakei in die USA emigriert, nachdem sowjetische Panzer 1968 den Prager Frühling niederwalzten. Bei der Oscar-Verleihung im März 1976 setzte sich Forman gegen Star-Regisseure wie Robert Altman, Federico Fellini und Stanley Kubrick durch. Sein Psychodrama "Einer flog über das Kuckucksnest" gewann fünf Oscars, darunter für Regie, Hauptdarsteller Jack Nicholson und als bester Film.

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Jack Nicholson in „Einer flog über das Kuckucksnest“

Forman drohte die Abschiebung

Der Regisseur war zweimal Vater von Zwillingssöhnen und lebte zuletzt mit seiner dritten Ehefrau und den jüngeren, 1998 geborenen Söhnen im US-Staat Connecticut. Noch vor wenigen Jahren erinnerte er an die Schwierigkeiten, als Einwanderer Fuß zu fassen. Er dankte Kollegen wie Sidney Lumet und Mike Nichols, die ihm in den 70er Jahren zur Seite standen, als ihm die Abschiebung aus den USA drohte. Dies erklärte er im Februar 2013 in einem Brief, als er von dem renommierten Regie-Verband Directors Guild für sein Lebenswerk geehrt wurde. Die Reise von der US-Ostküste nach Los Angeles konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten.

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Szenen aus seinen erfolgreichsten Filmen: Jack Nicholson in "Einer flog über das Kuckucksnest", Tom Hulce in "Amadeus" und Treat Williams in "Hair".

Forman wurde 1932 in Mittelböhmen als jüngster Sohn eines Lehrers geboren. Er war acht Jahre alt, als seine Eltern von der Gestapo verhaftet wurden, beide kamen in Konzentrationslagern ums Leben. An der Prager Filmakademie lernte Forman sein Handwerk. Mit Filmsatiren wie "Die Liebe einer Blondine" (1965) und "Der Feuerwehrball" (1967) zählte er zu den Vorreitern der experimentierfreudigen Neuen Welle des tschechoslowakischen Films.

Sein erstes Hollywood-Projekt, die Generationen-Satire "Taking Off" (1971), holte zwar beim Cannes-Festival einen Jury-Preis, floppte aber an den amerikanischen Kinokassen. Für Forman begann eine Durststrecke, in der er seinen Arbeitsvertrag verlor und um die Aufenthaltserlaubnis bangte. "Ich wartete auf das Angebot, das mein Leben ändern sollte, und in der Zwischenzeit akzeptierte ich alles, was ich kriegen konnte, bis hin zum Gratis-Mittagessen", blickte er in seiner Biografie zurück.

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Treat Williams in „Hair“.

Durchbruch und Regie-Oscar

Mit "Einer flog über das Kuckucksnest" wendete sich das Blatt. Mit der Mozart-Biografie "Amadeus" (1984) besiegelte Forman seinen Erfolg in Hollywood. Der Film, der das Musik-Genie in einem neuen, nicht nur freundlichen Licht zeigt, gewann acht Oscars – auch für die beste Regie. Forman ging kontroverse Stoffe mutig an und führte häufig die Kehrseiten seiner Figuren vor. Reine Filmbiografien seien meistens "ziemlich langweilig", sagte er 2006 beim Kinostart von "Goyas Geister". "Da muss immer noch etwas anderes in der Geschichte stecken." Bei "Amadeus" war das der Konflikt zwischen den Musik-Rivalen Salieri und Mozart.

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Tom Hulce in „Amadeus“

Mit "Kuckucksnest" entfachte er eine Debatte über den Umgang mit psychisch kranken Menschen. "Larry Flint – Die nackte Wahrheit", die Geschichte des erfolgreichen US-Verlegers des Pornoblattes "Hustler", löste eine heftige Diskussion um dessen Rolle als Vorkämpfer der Meinungsfreiheit aus. Bei der Berlinale 1997 gab es dafür den Goldenen Bären.

Mit seinen erwachsenen Zwillingssöhnen aus erster Ehe inszenierte Forman 2007 im Nationaltheater in Prag die Oper "Ein gut bezahlter Spaziergang". Dass Petr (Co-Regie) und Matej (Bühnenbild) ihm zur Seite standen, bezeichnete Forman damals als den "glücklichsten Moment" seiner Karriere. Die gemeinsame Arbeit dokumentierte er in einem Film, den er 2009 auf dem internationalen Filmfestival im tschechischen Karlsbad vorstellte. "Keine Filme mehr, ich habe Urlaub", sagte er mit fast 80 Jahren.

2012 meldete sich Forman aber noch einmal zurück, diesmal vor der Kamera. An der Seite von Catherine Deneuve und ihrer Tochter Chiara Mastroianni trat der Gelegenheits-Schauspieler in der französischen Musikromanze "Les Bien-Aimés" ("Die Liebenden – Von der Last, glücklich zu sein") auf. Der Film spielt in Paris, Prag, London und den USA. In der Rolle eines gealterten tschechischen Liebhabers kehrte Forman zu seinen Wurzeln zurück.

 

Seine wichtigsten Filme

„Die Liebe einer Blondine“ (1965) beschreibt den tristen Alltag im Sozialismus. Die Tragikomödie war für den Auslands-Oscar nominiert.

„Taking Off“ (1971) Die Satire um Generationskonflikte gewann den Großen Preis der Jury in Cannes.

„Einer flog über das Kuckucksnest“ (1975) nach dem Roman von Ken Keysey brachte Forman den Durchbruch.

„Hair“ (1979), Formans Verfilmung des Musicals um Hippies, Vietnam-Krieg und Pazifismus, war für mehrere Preise nominiert, in den Kinos aber ein Flop.

„Amadeus“ (1984), Formans Meisterwerk über Wolfgang Amadeus Mozart und Antonio Salieri wurde mit acht Oscars ausgezeichnet.