Sie macht den Blechtrottel zur Poesie

Von Von Irene Gunnesch   12.Dezember 2009

Vom Kolosseum bis zum Brandenburger Tor, vom Warschauer Königsschloss bis zur Moskauer Erlöserkathedrale quer durch Europa. Alles ließ Cooper in ihren markanten Lichtszenerien leuchten. Eingeladen ist sie zur Kulturhauptstadt Istanbul am Goldenen Horn. Sie soll dort unter anderem eine neue Version ihrer „Lichtflotte“ zeigen, die bereits bei der venezianischen Biennale Aufsehen erregte.

Diesmal hoch überm Bosporus. „Die prominenteste Stelle, die es da überhaupt gibt!“, sagt Cooper begeistert im OÖN-Gespräch. Weiters: Eine Lichtinstallation für das Palais Yeniköy soll sie machen. Etwas für den Sitz der Borusan-Holding – eines der bedeutendsten Bauwerke der Welt. Und auch ins Ruhrgebiet ist sie eingeladen anlässlich der Kulturhauptstadt 2010. Macht dort eine Lichtinstallation am Dortmunder Dom. „Und was noch?“ – ach ja: ein Projekt am herrlichen Pariser Palais Chaillot, oberhalb vom Eiffelturm.

Das macht sie auch noch, und, und, und. Und Linz? „Für das WIFI“ – da sei sie grad fest am Werken. Setzt Philosophie und Architektur des Hauses zunächst in einen (binären) Computercode um, und den dann in ihre markante Bildprache, die bis Mitte Jänner auch noch im und am Linzer Nordico nachzuverfolgen ist.

Und Linz09? „Nichts. Hat die wohl nicht interessiert. Bin halt so etwas wie die Prophetin im eigenen Land. Die sollen ja angeblich nichts gelten.“ Wie dem auch sei: International ist die seit kurzem hauptsächlich in Gmunden lebende Künstlerin ebenso umtriebig wie renommiert.

Stammgäste des Linzer Cafés Traxlmayr erinnern sich noch an folgende Szenerie: Beinahe täglich, am späten Vormittag, betritt eine Frau die Lokalität. Flammend rot ihre Haarmähne, flammend rot die exakt konturierten Lippen. Auch die Farben der extravaganten Kleidung stehen dieser Leuchtkraft in nichts nach. Aus der großen Tasche ragt irgendein Plexiglasobjekt in strahlenden Regenbogenfarben. Die Frau breitet eine Unmenge von Zetteln auf dem Tisch aus, bestellt ein „Wiener Frühstück“, arbeitet, isst.

Waltraut Cooper bleibt selten wo unbemerkt. Selten ist auch eine derartige Einheit von Erscheinung und künstlerischer Arbeit zu spüren wie bei der mehrfachen Biennale-Venedig-Teilnehmerin.

Die Kosmopolitin (sie spricht sieben Fremdsprachen) inszeniert sich zwar gerne, ohne dabei jedoch eitel zu sein: „Es ist nur so: Wenn man Künstler ist, dann gestaltet man. Auch sich selbst. Und ich bin eben visuell ausgeprägt und liebe Farben.“

Bunte Modelle von vergangenen und kommenden Aufträgen lehnen an den Wänden ihrer Arbeitsräume. Stäbe des in Boston so erfolgreich präsentierten interaktiven Riesenmikados, Teile von Installationen, wie sie in Linz u. a. im Wagner-Jauregg-Krankenhaus zu finden sind. Am Regenbogen fasziniert Cooper: „Die Fülle des ganzen Farbspektrums. Und somit die Einheit!“ – als logische Brücke zur Weltumspannung. Auch jene zur sozialen Komponente, die Cooper immer schon wichtig war: „Für mich ist der Regenbogen auch Zeichen für Akzeptanz und Toleranz. Viele Farben, jede hat ihre Berechtigung, gemeinsam ergibt sich wieder etwas Neues!“

Cooper entwickelt ihre Werke immer aus Codes, die etwas mit dem Ort oder dem Auftraggeber an sich zu tun haben. Auch in ihrem großem Lichtfries im Wiener UNO-Gebäude ist so ein Code zu finden – die Übersetzung der digitalen Aufschlüsselung des Wortes UNO in Farbflächen. Daraus leitet sich jener Begriff ab, der zu Coopers Markenzeichen geworden ist: „Digitale Poesie“. Lyrik für die Augen, basierend auf dem Blechtrottel Computer.

Arbeitet mit Komponisten

Viele ihrer Arbeiten sind interaktiv. Wer sich im Umfeld von Coopers Objekten bewegt, löst Impulse aus. Das können rein optische Abläufe sein oder mit Klängen gekoppelte, denn die bildende Künstlerin ist begeistert von Musik. Insbesondere zeitgenössische Komponisten der Avantgarde – etwa Anestis Logothetis – arbeiteten und arbeiten mit der Linzerin zusammen.

Durch einen ihrer wunderschönen Regenbogenquader schaut Waltraut Cooper in die Sonne, ihr Gesicht urplötzlich überschüttet von Rot-, Gelb- und Blautönen. Ein schönes Symbol für künstlerische, für menschliche Vielfalt. Für die Toleranz eben.