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Schmerzhafte Wahrhaftigkeit einer Kultur der Demütigung

Von Peter Grubmüller, 31. Juli 2017, 00:04 Uhr
Schmerzhafte Wahrhaftigkeit einer Kultur der Demütigung
Die Männer klammern sich in dieser Düsternis an die Insignien Gottes, um Frauen zu unterdrücken. Bild: APA

Salzburger Festspiele: Gerhart Hauptmanns "Rose Bernd" in der Regie von Karin Henkel wird zu Lina Beckmanns Triumph.

Die meisten Besucher haben umständlich, aber doch ihre Plätze in der Theaterhalle auf der Halleiner Perner-Insel gefunden. Es ist Samstag, die Premiere von "Rose Bernd" steht bevor. In der achten Reihe winkt ein phonetisch eindeutig identifizierbarer Deutscher und dirigiert ein, zwei, drei Mal seine Begleiterin "ALMUT!" auf deren Platz. Mimik und Gestik des Besuchers verheißen: Dieser Mann hat die Welt und noch viel mehr gesehen. Weil Almut nicht hören will, schnippt er grantig mit den Fingern. Almut kommt dann auch. Brav.

Diese kleine Beobachtung beendet die Debatte, warum die Salzburger Festspiele Gerhart Hauptmanns 1903 uraufgeführten Fünfakter 2017 auf den Spielplan gesetzt haben. Die Furcht vor weiblicher Macht stiftet Männer auch im so gleichberechtigten Heute dazu an, Frauen als unbeholfen zu denunzieren.

Frauen sollen wie sexuelle Adressen aussehen und so wenig Sex wie möglich haben. Hauptmanns Rose (Familienname Bernd) ist auch nur jedermanns Liebling, so lange sie Tag und Nacht rackert und ob des frühen Muttertodes ihre sechs Geschwister großzieht, weil der bigotte Vater (Michael Prelle) mit der Verwaltung der Missionskasse beschäftigt ist.

Lina Beckmann ist ein Ereignis in der Rolle dieser aufgeriebenen Frau, die nach drei Jahren dem Drängen des zitternd kranken, aber wohlhabenden Buchbinders August (Maik Solbach) nachgibt. Regisseurin Karin Henkel entschied sich glücklicherweise neben etlichen Großideen dazu, Hauptmanns artifizielles, Wahrhaftigkeit beförderndes Schlesisch sprechen zu lassen. Volker Hintermeiers Bühne ist eine kolossale Industriebrache, die gleichzeitig wie der Rumpf eines untergegangenen Schiffes aussieht. "Future is a fucking nightmare" steht auf dem Vorhang, dahinter gibt sich die Tragödie preis. Ein Männerchor (Kirchenleute/Arbeiter) vertieft den einsamen Kampf der Frau.

Noch einmal trifft Rose diesen Flamm (Markus John), mit dem sie seit zwei Jahren ein Verhältnis pflegt. Der vor Moschus und Brutalität miefende Arthur Streckmann (Gregor Bloéb) beobachtet die beiden, erpresst Rose fortan und vergewaltigt sie. All das sind berührende Momente, erst recht jener, in dem Flamms kranke und zum Gehen unfähige Frau (Julia Wieninger) Rose Unterstützung zusagt, weil sie deren Schwangerschaft erkennt.

Aber Rose will alleine rackern, weil sie muss. Sie schreit "Ich bin stark!" wie ein Mantra in die Welt und dreht Tauben, die sie rupft, auch selbst den Hals um. So eine Frau ist am Ende auch glaubhaft imstande, ihr eigenes Kind zu erwürgen. Schmerzhaft eindringliches Theater, riesiger Applaus, Standing Ovations nach knapp drei Stunden (mit Pause). Und gut, dass Almut da war.

 

"Rose Bernd" von Gerhart Hauptmann, Regie: Karin Henkel, Perner-Insel Hallein, Premiere: 29. Juli.

OÖN Bewertung:

 

Video: Tosenden Applaus und Standing Ovations gab es gestern bei der Premiere von "Rose Bernd" auf der Halleiner Pernerinsel. Erstmals wurde ein Stück von Gerhard Hauptmann bei den Salzburger Festspielen aufgeführt.

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