Samu Haber: "Ich musste einfach weg"

Von Lukas Luger   12.Oktober 2017

OÖN: Vor den Aufnahmen zu "Heartbreak Century" haben Sie sich eine längere Auszeit genommen und alleine die Welt bereist. Ihr Weg, um die kreativen Batterien wieder aufzuladen?

Samu Haber: Auszeit trifft es nur bedingt, weil ich die ganze Zeit über Songs geschrieben habe. Ich musste einfach weg. Weg von daheim. Weg von der Band. Neue Leute treffen, fremde Orte kennenlernen, andere Perspektiven entdecken – das war der Plan. Und er hat funktioniert! Ich habe auf meinen Reisen gelernt, dass ich die Einsamkeit liebe. Es ist wahnsinnig befreiend, wenn ich alleine mit meiner Gitarre in Australien unterwegs bin, und kein Schwein erkennt mich auf der Straße, niemand will ein Foto.

Eine Flucht aus der eigenen Komfortzone sozusagen?

Exakt. Du gehst in der Früh zur Arbeit, am Abend kommst du nach Hause. Das ist furchtbar bequem. Es tötet aber irgendwann die eigene Kreativität. Ich verstehe Bands nicht, die 20, 25 Jahre lang auf dieselbe Art und Weise Songs gemeinsam schreiben. Faderes kann ich mir kaum vorstellen. Und meistens hört man diese Langeweile den Songs auch an (lacht).

Wie viele Lieder haben Sie auf Ihrer Weltreise geschrieben?

Circa 200 Songs oder so. Furchtbares Zeug, von Techno-Nummern über Hardrock bis hin zu Folk-Balladen. Ich habe eine riesige Lade mit vielen unbrauchbaren Songs in meinem Arbeitszimmer.

Die erste Single setzt oft den ganzen Sound für das dazugehörige Album. War dies auch bei "I Help You Hate Me" der Fall?

Ja, neben dem Titelsong und "Afterglow" war "I Help You Hate Me" in der Tat eine entscheidende Nummer. Aber ich bin generell kein großer Fan davon, zu viel über den richtigen Sound nachzugrübeln. Gute Lyrics, akustische Gitarren, eine ordentliche Melodie – das ist, was zählt. Der Rest ist nur Beiwerk.

Auch wenn es der Albumtitel "Heartbreak Century" suggeriert, spielt die Liebe auf der neuen Sunrise-Avenue-LP nur eine Nebenrolle. "Herzschmerz" verstehen Sie in einem breiteren Sinne.

Die Menschheit befindet sich in einer merkwürdigen Situation. Wir besitzen mehr Konsumgüter, mehr Auswahl und mehr Lebensoptionen als jemals zuvor in unserer Geschichte. Eigentlich sollten wir alle vor Glück herumspringen. Tun wir aber nicht. Wir fühlen uns alleine, wissen nichts mit uns selbst anzufangen. Das schmerzt uns. So weit die Idee hinter dem Titelsong. Außerdem: "Heartbreak Century" klingt als Titel einfach extrem cool!

Am 19. Oktober startet die neue Staffel von "The Voice of Germany", wieder mit Ihnen als Promi-Coach. Was dürfen wir erwarten?

Es gibt heuer mehr Talente aus Österreich – und viel, viel bessere als je zuvor. Und das sage ich nicht nur, weil Sie aus Österreich sind (lacht). "The Voice" ist einfach ein Riesenspaß, für die Juroren und die Teilnehmer. Also: einschalten!

 

Kritik: Sunrise Avenue "Heartbreak Country"

Das Album: Ein bisserl Rock, ein bisserl Pop, dazu eine Prise Folk – die Mixtur, mit der die Finnen Sunrise Avenue seit ihrem Debüt "On The Way To Wonderland" die Charts beherrschen, ist keine revolutionäre. Auch auf "Heartbreak Century" gehen die besten Songs sofort ins Ohr, die schlechteren stören niemanden. Samu Habers Händchen für Hitparadentaugliches ist unbestritten, etwas mehr Mut wäre aber nett. Dass die Songs auch ohne gelackte Produktion funktionieren, zeigen die Akustikversionen auf der Bonus-CD.

Anspieltipps: "Flag", "Room", "I Help You Hate Me"

Live: Am 21. 11. gastieren Sunrise Avenue in der Arena Wien.

Kritik: Sunrise Avenue "Heartbreak Century" (Universal)

OÖN Bewertung:

Reinhören: Flag