Riccardo Muti: „Verdi ist der Komponist meines Lebens“
Gestern Nachmittag war er einmal nicht der große Dirigent, sondern ein nicht minder großer Komödiant.
Im Salzburger „Schüttkasten“ stellte Maestro Riccardo Muti in Gegenwart der Frau Präsidentin Helga Rabl-Stadler sein funkelnagelneues Buch „Mein Verdi“ vor und beeindruckte durch seine witzige Erzählkunst. Warum gerade dieses Buch? Ganz einfach: „Verdi ist der Komponist des Lebens. Und ganz sicher der Komponist meines Lebens.“
Bereits mit drei Jahren hatte Muti, in Begleitung des Vaters („Er war praktischer Arzt, hatte aber eine schöne Tenorstimme“), in Bari „Aida“ gesehen, mit zwölf „Otello“. Über die Augenblicke, in denen er sich entschied, Dirigent zu werden, erzählt er: „Der Direktor am Konservatorium in Neapel hatte das Gefühl, ich wäre dafür geeignet. Er munterte mich auf, es zu probieren. Das machte ich, und schon nach zwei, drei Sekunden war mir klar: Ja, das ist meine Zukunft! Die Arbeit würden die Sänger und das Orchester machen, ich hingegen brauchte nur die Arme zu heben und das Geld zu nehmen...“ Heuer ist ja nicht nur Verdi-, sondern auch Wagner-Gedenkjahr. Der Maestro über den wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Musikgiganten: „Bei Verdi dauert ein ‚Ich liebe dich’ zwei, drei Sekunden, bei Wagner 25 Minuten. Toscanini hat es einmal so formuliert: ‚Während sich bei Wagner ein Liebespaar erst einmal vorstellt, hat es bei Verdi schon drei Kinder gemacht.“ Über den Publikumsauflauf in Bayreuth lächelt Muti: „Das verläuft oft so steif, dass man glaubt, dass dort Zombies einmarschieren.“
Verdi und die Tradition
Was ihm gar nicht gefällt, ist, dass sich bei Verdi-Interpretationen so viel „Tradition“ eingeschlichen hat: „Also Sitten und Gebräuche, die sein Werk verunstalten, nur weil es einfach zur ‚Tradition’ gehört.“ Muti selbst hält sich, aus Prinzip, lieber an das, was Verdi einmal in einem bitteren Brief schrieb. Der Wortlaut: „Ich erlaube es weder Sängern noch Dirigenten, ‚kreativ’ zu werden. Derlei Prinzipien führen direkt in den Abgrund.“ Der Dirigent: „Ich habe mich mein Leben lang geweigert, Verdi als ‚Showinstrument’ für Sänger und Orchester zu benützen. Und das werde ich auch weiterhin so halten.“